Enheduanna. Die 1. Schriftstellerin der Welt

Wer die erste Frau im Weltraum war, lässt sich recht mühelos nachvollziehen. Die erste Frau, die jemals einen Oscar gewonnen hat, dürfte ebenfalls leicht zu ermitteln sein. Zu ergründen, wer die allererste Schriftstellerin der Welt war, ist dagegen unmöglich. Hier müssen wir uns mit der ersten namentlich bekannten Schriftstellerin, deren Werke überliefert sind, begnügen. Die ist aber auch nicht gerade von gestern.

Enheduanna

Das Wort und seine Anfänge

Die Suche nach der ersten namentlich bekannten Autorin führt ins früheste Weltreich der Welt. Die Rede ist nicht etwa von Babylonien, Persien, Ägypten oder Rom, sondern von Akkad. Dieses erste zentral verwaltete Großreich der Geschichte entstand ca. 2330 vor Christus, als ein Mann namens Sargon aus der mesopotamischen Stadt Akkad den Thron des Stadtstaates Kisch bestieg und sein Herrschaftsgebiet durch die Eroberung von Obermesopotamien, Sumer, Elam, Mari und Ebla weit ausdehnte. Auf die heutige Landkarte übertragen wären das etwa der Iran, der Irak, Syrien und Teile der Türkei. Das Reich wurde nach Sargons bis dahin eher unbedeutender Heimatstadt benannt, die überdies als Hauptstadt diente. Die Schriftstellerin Enheduanna, um die es hier eigentlich geht, war Sargons Tochter.

Die Ich-Erzählerin

AntikeEtwa um das Jahr 2270 v. Chr herum ernannte Sargon seine Tochter Enheduanna zur Hohepriesterin des Mondgottes Nanna in der Stadt Ur im heutigen Irak. Damit war sie auch „zuständig“ für Inanna, die Tochter des Mondgottes und ihrerseits Göttin der Liebe und des Krieges. Für Inanna schrieb Enheduanna Hymnen nieder, in denen sie die Göttin anpries und von sich selbst erzählte, von ihrer zwischenzeitlichen Vertreibung aus dem Amt (Skandal!) und ihrer Rückkehr in eben jenes (Happy End). Dies stellte ein echtes Novum dar.

Damals war es alles andere als üblich, dass sich ein Schriftsteller, egal ob männlich oder weiblich, namentlich erwähnt und Persönliches berichtet. Eine solche Form der Autorenschaft spricht für ein ziemlich ausgeprägtes Selbstbewusstsein bei Enheduanna, sowohl als Mensch, der etwas zu sagen hatte, wie auch als Künstlerin, die mit ihrem Werk in Verbindung gebracht werden wollte. Dass sie dies nach 4000 Jahren immer noch wird, dürfte ihre damaligen Erwartungen allerdings weit übertroffen haben.

Das Ende von Akkad

Das Reich Akkad kann es an Popularität nicht mit den nachfolgenden Imperien aufnehmen, egal wie oft die selbstbewusste Priesterin Enheduanna ihr Kürzel unter imposante Götterdichtungen gesetzt hat. Nach dem Tod von Sargons Enkel Naram-Sin zerfiel Akkad wieder in kleine Provinzen. Insgesamt bestand das Reich gut 140 Jahre. Für den Anfang nicht so schlecht.