Im antiken Rom hatte jeder Gott, der etwas auf sich hielt, seinen eigenen Staatskult mit offiziellen Priestern, Feiertagen und allem, was eine Religion braucht. Silvanus nicht. Dennoch erfreute sich gerade diese Gottheit einiger Beliebtheit, vor allem bei jenen, die ohnehin wenig darauf gaben, was in Rom en vogue war: bei der Landbevölkerung.
Silvanus war ein Waldgott, der das bäuerliche Weltbild repräsentierte und als Erfinder des Pflanzenbaus verehrt wurde – ganz privat. Man spricht infolgedessen von einem Privatkult, ausschließlich zelebriert in den eigenen vier Wänden. Dargestellt wurde Silvanus meist mit einem Pinienzapfen oder dem Zweig eines Pinienbaums in der Hand sowie einem Hund als Begleiter. Die Pinie diente als Symbol für den Anbau milder, essbarer Früchte.
Silvanus der Grenzwächter
Silvanus verkörperte in der Antike die Grenze zwischen Stadt und Land. Ihm oblag es – dem Glauben der Bauern nach – jene Grenzen zu behüten, die einzelne Grundstücke voneinander trennten, die zwischen bewirtschaftetem und bebautem Land verliefen und die das Land vom Meer teilten. Auch für die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit stand Silvanus. Die Bauersleute opferten ihm häufig Schweine und Widder oder sogar Bären. Im Namen von Silvanus Bären zu jagen, möglichst erfolgreich, galt als Anerkennung seiner Kraft. Vor allem auf älteren Darstellungen trägt er oft eine Mütze aus Bärenfell auf dem Kopf.
Wie viele der antiken Götter besaß Silvanus eine unheimliche Seite. So glaubten die Menschen, dass er Neugeborene rauben würde und diese vor ihm beschützt werden müssen. Seltsame Geräusche aus den Wäldern, die sich die Menschen nicht erklären konnten, wurden gerne Silvanus zugeschrieben. Wenn ein Baum umfiel und scheinbar niemand es hörte – Silvanus hörte es.
Auf dem Höhepunkt
In der Kaiserzeit breitete sich der Silvanuskult sogar zeitweise bis in die Städte aus, allerdings vorrangig in den unteren Gesellschaftsschichten. Besonders populär war er unter Sklaven. Abbildungen von Silvanus wurden sogar an öffentlichen Bauten zugelassen, dennoch erfolgte der Schritt zum Staatskult nicht.
Silvanus‘ Anerkennung litt sicherlich darunter, dass er oft mit einem anderen Waldgott, mit Faunus, gleichgesetzt wurde, der bis heute viel populärer ist, besonders unter seinem griechischen Namen Pan. Mitunter beschrieben die Menschen Faunus als Silvanus‘ Vater.
Andere Namensträger
Silvanus galt in Rom als angemessener Männername, wenngleich er kein Glücksbringer war. Im Jahr 355 geriet ein militärischer Oberbefehlshaber namens Silvanus in den Verdacht, nach der römischen Kaiserwürde zu streben. Der amtierende Kaiser Constantius II. fand das nicht so lustig, was schließlich dazu führte, dass sich Silvanus tatsächlich zum Gegenkaiser ernennen ließ, da die Flucht nach vorne einer von wenigen noch verbliebenen Auswegen war. 28 Tage lang nannte sich dieser Silvanus, über den sonst nicht viel bekannt ist, römischer Gegenkaiser, dann wurde er von bestochenen Soldaten erschlagen.
Im ersten Jahrhundert lebte in Rom ein Politiker namens Marcus Plautius Silvanus, der das Amt eines Prätors bekleidete und für die Gerichtsbarkeit in und um Rom verantwortlich war. Als seine zweite Ehefrau Apronia bei einem Fenstersturz ums Leben kam, wurde Silvanus von deren Vater des Mordes bezichtigt. Der Politiker hingegen behauptete, seine Gattin hätte Selbstmord begangen. Der amtierende Kaiser Tiberius leitete persönlich die Ermittlungen und inspizierte den Tatort. Er entdeckte Spuren, die auf eine gewaltsame Auseinandersetzung schließen ließen. Ein großer Erfolg für „CSI: Antike“. Marcus Plautius Silvanus glaubte nicht mehr an seine Chance und ließ sich von einem Gehilfen umbringen, da er sich zum Selbstmord nicht fähig fühlte. Damit war diese römische Tragödie aber noch nicht an ihrem Ende angelangt. Silvanus‘ erste Frau Numantina wurde beschuldigt, ihren Ex-Gatten durch Magie zum Mord getrieben zu haben. Nichts mehr mit „CSI: Antike“, plötzlich war wieder knallharter Aberglaube angesagt! Letztlich wurde Numantina vor Gericht freigesprochen.
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