Mercurius auf dem Mond (& Tod auf dem Bankett)

In Zukunftsszenarien sehen wir des Öfteren das Bild von Menschen, die als Freizeitvergnügen in kleinen, Strandbuggy-ähnlichen Fahrzeugen über den Mond brettern. Das fetzt bestimmt, jedenfalls so lange man nicht unsanft von Mercurius gestoppt wird oder eine Bruchlandung in den Fibiger macht, ohne je den berühmten Tycho erreicht zu haben.

Mond

Der Mond hat ein Akneproblem

Der Mond, das wissen wir auf der Erde schon eine Weile, ist übersät mit Kratern. Dabei handelt es sich überwiegend um Einschlagkrater verursacht durch Meteoriten. Unser Mond stand schon oft unter Beschuss. Weniger bekannt dürfte sein, dass die Krater allesamt Namen haben. Diese erhalten sie von der Internationalen Astronomischen Union, kurz IAU (ja, das waren die, die Pluto den Planetentitel aberkannt haben). Was hat es mit diesen Namen auf sich? Warum gibt es auf dem Mond einen Krater namens Mercurius, woher kommt der Name Fibiger und was ist an Tycho so besonders?

Weniger Götter ..

Der Name Mercurius ist eher eine Ausnahme. Er bezieht sich auf den römischen Götterboten, den wir kurz Merkur nennen. Auf den Namen Merkur hört bekanntlich bereits ein Planet unseres Sonnensystems – und außerdem ein Berg in Deutschland, eine Versicherung in der Schweiz und eine Supemarktkette in Österreich, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Namen der antiken Götter sind bereits vielfach in Gebrauch, gerade was den Weltraum angeht. Sogar der Pluto darf seinen römisch-göttlichen Namen behalten. Um die vielen, vielen, vielen Mondkrater zu benennen, hat sich die IAU daher etwas anderes überlegt.

… Mehr Genies

Mondkrater Bessel

Der Mondkrater Bessel. Aufgenommen von Apollo 15.

Der Großteil der Mondkrater ist nach männlichen und (seltener) weiblichen Wissenschaftlern aus aller Welt benannt, nach Astronomen, Mathematikern, Chemikern, Historikern, Physikern, Geographen, Polarforschern und Medizinern. Der Namenspate eines Mondkraters zu sein, für den sich die meisten Menschen nicht mehr interessieren als für ein Erdloch in Nachbars Garten, mag nicht die größte aller Ehren sein, dennoch werden damit Personen gewürdigt, die in ihrem Fachbereich etwas geleistet haben, ohne die ganz große Berühmtheit zu erlangen. Sie teilen sich diese kleine Ehre zwar mit vielen ihrer sehr bekannten Kollegen, die natürlich ebenfalls ihre eigenen Mondkrater haben, wie Albert Einstein, Immanuel Kant, Nikola Tesla, Marie Curie oder Johannes Gutenberg, aber immerhin werden die fast vergessenen Genies so in einem Atemzug mit den Stars genannt. Wer sich den Spaß macht, allen Namen der Mondkrater auf den Grund zu gehen, kann noch so einiges über Natur- und Geisteswissenschaft lernen.

Natürlich ergeben sich bei diesen vielen verwendeten Familiennamen aus allen Herren Ländern einige etwas kuriose Fälle, bei denen der Name eine Bedeutung hat, die nicht auf den jeweiligen Mondkrater übertragen werden sollte. So gibt es einen Mondkrater namens Street, der aber keineswegs befahrbar ist. Er wurde nach dem britischen Astronomen Thomas Street (1621 – 1689) benannt. Ebenso ist Hill tatsächlich ein Krater und kein Hügel. Er trägt den Namen des US-amerikanischen Astronomen und Mathematikers George William Hill (1838 – 1914).

Um auf den Namen Fibiger zurückzukommen: Dabei handelt es sich um einen Mondkrater, der 2009 betitelt wurde, sich übrigens in der Nähe des Mondnordpols befindet und seinen Namen dem dänischen Pathologen und Nobelpreisträger Johannes Fibiger (1867 – 1928) verdankt.

Es sind nicht alle Mondkrater gleich

Mondkrater Tycho

Der Mondkrater Tycho

So wie die Namensgeber der Mondkrater unterschiedlich hohe Bedeutung in der Zeitgeschichte erlangt haben, ist der Bekanntheitsgrad bzw. der Stellenwert der Krater nicht identisch. Einige wenige von ihnen hatten sogar schon Filmauftritte, während die meisten einfach nur … na ja, Schlaglöcher auf der Oberfläche einer großen, kalten Kugel sind. Jedenfalls in der öffentlichen Wahrnehmung.

Einer der bedeutendsten Mondkrater ist der Tycho. Die ausgeprägte Tiefe, der große Umfang und der helle Innenbereich verleihen ihm einen sehr auffälligen Charakter. Entnommene Proben weisen darauf hin, dass er vor 100 Millionen Jahren entstand. Tycho wurde bereits mehrfach in Filmen und Serien erwähnt oder gezeigt, zumeist als Standort von Mondbasen oder als Fundort besonderer Objekte. Beispiele hierfür sind die Sci-Fi-Serie „Mondbasis Alpha 1“ und der Kultfilm „2001: Odyssee im Weltraum“. So viel mediale Aufmerksamkeit hätte sich der dänische Astronom Tycho Brahe, der im 16. Jahrhundert lebte, wohl nie träumen lassen. Sein Nachleben verläuft jedoch nicht nur dank eines großen, tiefen Mondkraters auffällig. Auch die Umstände seines Todes sorgen bis in die Gegenwart für Aufsehen und viele Fragen.

Damit wechseln wir ohne Umschweife von der Astronomie in die Kriminalhistorie.

Tödliches Kaiserbankett

Tycho Brahe

Portrait von Tycho Brahe

Tycho Brahe, der zum dänischen Adel gehörte, zog 1599 nach Prag, um sich dort weiter seinen astronomischen Forschungen zu widmen. In Prag entwickelte sich eine Partnerschaft zwischen Brahe und Johannes Kepler, nach welchem heute das NASA-Weltraumteleskop benannt ist. 1601 nahm Brahe an einem kaiserlichen Bankett teil, musste die Tafel aber wegen starker Blasenschmerzen frühzeitig verlassen. Zehn Tage später verstarb er. Als Ursache seines qualvollen Todes wurde ein Blasenriss vermutet, möglicherweise hervorgerufen durch die Hofetikette, die es den Gästen untersagte, sich vor dem Kaiser von der Tafel zu erheben, egal welches Bedürfnis es zu befriedigen galt. Zum Glück werde ich relativ selten von Kaisern eingeladen. Mit der Zeit mehrten sich die Gerüchte, Brahe könnte vergiftet worden sein. In den 1990er Jahren durchgeführte Untersuchungen an seinen Haarproben, die wiederum aus einer Exhumierung im Jahre 1901 stammten, wiesen eine hohe Quecksilberkonzentration nach. Ein eindeutiger Beweis dafür, das Brahe Opfer eines Giftanschlages war, wurde damit aber nicht erbracht, da quecksilberhaltige Arzneimittel zu Brahes Zeiten noch vielfach Anwendung fanden, in Unkenntnis der Giftigkeit von Quecksilber. Auch die Tatsache, dass die Haarproben im Verlaufe der 90 Jahre kontaminiert worden sein könnten, machte klare Ergebnisse unmöglich.

Tycho Brahes Tod blieb damit weiter ungeklärt und regte die Fantasie von Autoren an. Könnte nicht Johannes Kepler, der Brahes wissenschaftliche Unterlagen erbte, den Kollegen vergiftet haben? Die deutsche Kepler-Gesellschaft fand diese Theorie nicht so witzig. 2010 wurde Brahes Grab erneut geöffnet. Abermals ließen sich keine Beweise für eine Vergiftung finden. Eine schwere Blaseninfektion gilt daher als die wahrscheinlichste Todesursache. Ganz abklingen werden die mörderischen Theorien wohl dennoch nicht.

Sämtliche Mondkrater und ihre Namen findet ihr auf der offiziellen Webpräsenz der IAU.

Anmerkung

Dieser Beitrag wurde bearbeitet. Er erschien ursprünglich am 4. März 2016.

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