Drei Kreativtechniken zur Ideenfindung – oder Kreativitätstechniken, wie sie ebenfalls heißen – habe ich bereits vorgestellt. Die vierte Technik ist rein spekulativ. Sie funktioniert nach dem Was wäre, wenn-Prinzip und heißt ganz schlicht „Spekulation“. Denn darum geht es: um das Spekulieren.
Was wäre, wenn Außerirdische auf der Erde landen würden? Was wäre, wenn die Sonne nicht mehr aufginge und wir eine ewige Nacht hätten? Was wäre, wenn Menschen plötzlich fliegen könnten? Die Ideenfindungsmethode der Spekulation, die sich für Blogger ebenso eignet wie für Schriftsteller, Maler, Songschreiber oder Dichter, ruft dazu auf, sich gedanklich mit einem bestimmten Szenario zu beschäftigen. Welche Folgen hätte diese oder jene Veränderung auf die Gesellschaft, auf die Politik, die Wirtschaft und das Leben einzelner Personen? Wie würde man selber reagieren? Daraus lassen sich ganz unterschiedliche Ideen schöpfen.
Was wäre, wenn …
Die Fülle an möglichen Szenarien ist riesig. So ein spekulatives Szenario könnte von Veränderungen in der Umwelt handeln, von Kriegen, von technischen Fort- oder Rückschritten, von neuen Spezies oder übernatürlichen Phänomenen. Grob können wir drei verschiedene Was wäre, wenn-Typen unterscheiden.
Typ 1: Von morgen auf heute schließen
Viele Wissenschaftler sind sich einig, dass die Menschheit nicht mehr allzu lange auf der Erde wird leben können, oder zumindest nicht mehr vergleichsweise gut wie jetzt. Mit 100%iger Sicherheit kann jedoch kein noch so kluger Kopf vorhersagen, was in 20, in 50 oder in 100 Jahren sein wird, dazu gibt es zu viele unberechenbare Variablen. Wer kann heute schon ganz genau wissen, wie wir oder unsere Nachfahren in einigen Jahren reagieren, welche Lösungen möglicherweise gefunden oder welche Fehler gemacht werden? Auch viele äußerliche Faktoren sind schwer auszuschließen. Sind wir ganz sicher, dass uns nicht demnächst ein Komet trifft, der von den Teleskopen zu spät erfasst wurde? Nein, ganz sicher sind wir nicht. Aus den vielen diffusen Ängsten, Sorgen und Vermutungen bezüglich der Zukunft lassen sich zahllose spekulative Szenarien entwerfen. Was wäre, wenn uns das Wasser ausgeht? Was wäre, wenn alle Menschen unfruchtbar werden und keine Kinder mehr zur Welt kämen? Was wäre, wenn sämtliche Vulkane der Erde gleichzeitig ausbrechen? Was wäre, wenn bis auf ein einzelner Kontinent alle Erdteile unbewohnbar wären?
Typ 2: Von gestern auf heute schließen
Die Vergangenheit ist passiert und kann nicht mehr verändert werden. Was wäre, wenn-Gedankenspiele erlauben es uns jedoch, die Vergangenheit fiktiv umzuschreiben und daraus eine neue Gegenwart zu entwerfen. Das wohl bekannteste Szenario ist die Überlegung, wie die Welt heute aussehen würde, hätten Deutschland und seine Verbündeten den Zweiten Weltkrieg gewonnen. Die Vergangenheit gibt aber noch weit mehr her. Was wäre, wenn das römische Weltreich nie zerfallen wäre? Was wäre, wenn die Elektrizität nicht entdeckt und nutzbar gemacht worden wäre? Was wäre, wenn Europa Amerika nicht oder erst viel später entdeckt hätte? Oder die Asiaten den Europäern zuvorgekommen wären? Was wäre, wenn die Dinosaurier nicht ausgestorben wären?
Typ 3: Von Fantasie auf Realität schließen
Das schöne an Gedankenspielen ist, dass sie nicht zwangsläufig realistisch sein müssen. Wir können spekulativ nicht nur eine andere Vergangenheit, Gegenwart oder eine mögliche Zukunft entwerfen, sondern eine ganz andere Welt, eine andere Realität, in der einige Menschen beispielsweise Superkräfte haben, es Vampire gibt oder Zeitreisen möglich sind. Hier darf richtig wild spekuliert werden. Was wäre, wenn sich die Menschheit mit übernatürlichen Wesen wie Vampiren, Werwölfen, Feen und Zombies arrangieren müsste? Was wäre, wenn Hunde Superintelligenz entwickeln und versuchen, die Weltherrschaft an sich zu reißen? Oder kommen dafür nur Katzen infrage? Affen womöglich? Vielleicht Kängurus? Was wäre, wenn jeder Mensch auf der Welt einen bösen Zwilling hätte?
Keine Angst, das ist alles reine Spekulation.