Alte Bücher sind kostbar. Sie können uns als Tore zu den Zeiten vor Film und Foto viel über die Vergangenheit verraten. Leider bleiben uns manche alten Bücher verschlossen, obwohl sie uns zur Verfügung stehen, da sie in einem so schlechten Zustand sind, dass man sie kaum aufschlagen, geschweige denn in ihnen blättern kann. Am Massachusetts Institute of Technology wird nun eine Technik entwickelt, um Bücher lesen zu können, ohne sie aufzuschlagen.
Dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen soll, ist weithin bekannt, aber niemand hat je davon abgeraten, ein Buch durch seinen Einband zu erforschen. Ein anderes Sprichwort besagt, dass Papier geduldig ist. Diese Redewendung wird oft missverstanden, denn sie bedeutet nicht, dass Papier geduldig darauf wartet, gelesen zu werden. Es neigt vielmehr zum Verfall. Einige alte Bücher können also nur mit der Hilfe moderner Technik vollständig untersucht werden, ohne das Risiko einzugehen, dass sie zu Staub zerbröseln.
Das Zusammenführen guter Ideen
Einigen klugen Köpfen am Massachusetts Institute of Technology, kurz MIT, ist aufgegangen, dass bereits vorhandene Technologien so kombinierbar sind, dass daraus ein Weg entsteht, Bücher unaufgeschlagen zu lesen. Da wäre zum einen das Terahertz Imaging, im deutschen Sprachgebrauch auch bekannt als Terahertzabbildungen. Die Terahertzstrahlung, die im elektromagnetischen Spektrum zwischen der Infrarotstrahlung und den Mikrowellen liegt, durchdringt verschiedene Materialien, wie z.B. Papier, Kunststoff und organisches Gewebe, ohne radioaktiv zu wirken. Ich verstehe nicht alles, was ich da gerade schreibe, zu 100%, aber offensichtlich ist diese Technik gut dazu geeignet, gewisse Stoffe zu untersuchen, ohne sie in irgendeiner Form in Mitleidenschaft zu ziehen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung. Es ist grundsätzlich immer gut, die Sachen, die erforscht werden sollen, dabei nicht kaputt zu machen. So viel ist auch mir klar.
Das Terahertz Imaging allein ermöglicht es aber nicht, durch einen Buchdeckel und andere Buchseiten hindurch etwas so spezifisches wie Buchstaben zu erkennen. Da kommt die Femtophotography ins Spiel. Dabei handelt es sich um eine neue Art der Bildverarbeitung in derart hoher Geschwindigkeit, dass sie alles mit einer Billion Bildern pro Sekunde zeigt. Das ist so detailliert, dass sogar die Bewegung des Lichts zu sehen ist.
Aus der Kombination dieser beiden Technologien ergibt sich die Terahertz Femtophotography. Wenn ich mir eine Abkürzung dafür ausdenken dürfte, würde ich TeFem wählen. Bislang ist es den Forschern des MIT gelungen, mit der Terahertz Femtophotography Buchstaben auf den ersten neun Seiten eines festen Papierstapels sichtbar zu machen. Okay, es war pro Seite immer nur ein Buchstabe, aber alles Gute braucht Zeit. Der Buchdruck wurde auch nicht an einem Tag erfunden.
Erste Interessenten
Das Metropolitan Museum in New York soll bereits Interesse signalisiert haben, um zukünftig alte Bücher lesen zu können, ohne sie anzufassen. Wenn die Terahertz Femtophotography tatsächlich auf ein hohes Leistungslevel gebracht werden kann, wird sie quasi zum Must-Have für viele Forschungsbereiche. Mit dieser Technologie könnten nicht nur Bücher sicher und berührungsfrei gelesen, sondern auch Gemälde genauer untersucht oder verschüttete Räume detaillierter erforscht werden.