Volleyballerinnen gegen Hinterwäldler: „Girls with Balls“

Mit Volleyball verbinde ich keine positiven Erinnerungen. Wir haben das früher im geschlechtergetrennten Sportunterricht häufig gespielt, da viele Mädchen in meiner Klasse im Volleyballverein waren und Volleyball damit als Mädchensport schlechthin galt. Fußball, warum hast du mich nicht gerettet? Ich habe Volleyball so gar nicht beherrscht und blieb stets mit wunden Armen und angeknackstem Selbstvertrauen zurück. Beides verursacht „Girls with Balls“ nicht, aber sehr viel mehr Gutes lässt sich über diese französisch-belgische Horrorkomödie nicht sagen.

Girls with Balls

Sie wollen nur spielen

Als Film, der nur auf Veranstaltungen wie dem Paris International Fantastic Film Festival gezeigt wurde, wäre „Girls with Ball“ der breiten Öffentlichkeit wohl entgangen, hätte sich Netflix nicht die Rechte gesichert und den 2018 gedrehten Streifen Ende Juli 2019 online gestellt. Der Titel „Girls with Balls“ ist dabei doppeldeutig zu verstehen als Mädchen mit sprichwörtlichen Eiern (Balls) und mit echten Bällen (auch Balls). Zumindest das mit den Bällen kann ich unterschreiben. Ob Mädchen Eier beweisen, wenn sie sich selbstsüchtig und hirnrissig anstellen, möchte ich hingegen nicht entscheiden.

Girls with Balls: Die Handlung

Girls with Balls

Poster zu „Girls with Balls“. Quelle: Noodles Productions / C4 Production

Die Falcons, ein erfolgreiches Frauen-Volleyballteam, verfährt sich auf der Rückfahrt eines Spiels und will die Nacht in einem abgelegenen Hostel verbringen. Dieses wird geleitet von degenerierten Hinterwäldlern, mit denen sich die jungen Frauen schnell in die Haare kriegen. Sie fahren wieder los, kommen jedoch nicht weit. Die Hinterwäldler überfallen den Teambus und zwingen die Sportlerinnen zur Flucht durch den Wald. Nach mehreren grausigen Verlusten wollen einige der Mädchen zurückschlagen, während ihr Coach (Victor Artus Solaro) längst Reißaus genommen hat.

Wer wird am Ende überleben? Die tatkräftige Teamkapitänin Hazuki (Anne-Solenne Hatte)? Die intrigante Morgane (Manon Azem)? Lise (Camille Razat), die ein Geheimnis hat? Die ungeschickte Emma (Louise Blachère)? Das lesbische Pärchen Tatiana (Margot Dufrene) und Dany (Dany Verissimo-Petit)? Die nach ihrem Freund schmachtende Jeanne (Tiphaine Daviot)? Oder keine der Falcons?

Girls with Balls: Die Kritik

Es bedarf keines Eingreifens eines Schiedsrichtergespanns, um sich darauf zu verständigen, dass „Girls with Balls“ niemals als ernstzunehmender Horrorfilm gedacht war. Die französisch-belgische Produktion vermischt Splatter mit Klamauk, verzichtet fast vollständig auf Logik und legt keinen messbaren Wert auf eine intelligente Handlung. Ein Frauen-Volleyballteam, von dem wir nicht einmal erfahren, aus welcher Stadt es kommt, gegen Hinterwäldler, die nur aus Prinzip total degeneriert, brutal und pervers sind. Das ist alles oder – wie der Franzose sagen würde – c’est ça. Grundsätzlich können solche stark limitierten Zutaten durchaus für einen vergnüglichen Film ausreichen, tun sie hier aber nicht. Das liegt vor allem an der Tatsache, dass das besagte Frauen-Volleyballteam überwiegend aus unsympathischen, nervigen und überzeichneten Charakteren besteht, die so viel Teamgeist an den Tag legen wie Schnäppchenjäger im Sommerschlussverkauf.

Selbst im Angesicht der tödlichen Bedrohung überwiegt bei diesen „Freundinnen“ selbstsüchtiges, rücksichtsloses und teilweise dumm-dreistes Verhalten. Allzu oft sind die Teammitglieder füreinander gefährlicher als es die bewaffneten Dorfdeppen sind. Wenn das die Pointe sein soll, hätte ich auf den ganzen Witz verzichten können. Mir wäre es lieber gewesen, in „Girls with Balls“ eine Gruppe taffer Mädchen zu sehen, die ihre Sportlichkeit und ihre eingespielten Fähigkeiten als erfolgreiches Volleyball-Team nutzen, um den widerlichen Angreifern das debile Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Mehr Persönlichkeit, Cleverness und Kameradschaft hätten den Falcones definitiv gut gestanden. Aber Regisseur und Drehbuchautor Olivier Afonso, der im französischen Kino vor allem als Effekt-Maskenbildner erfolgreich ist, schwebte nun einmal ein anderer Film vor. Zugunsten alberner Gags hat er aus dem Volleyballteam einen ziemlich unsympathischen Haufen gemacht.

In vielerlei Hinsicht erinnert mich „Girls with Balls“ an die ebenfalls von Netflix ausgegrabene französische Horrorkomödie „Le Manoir“, deren Protagonisten ähnlich frustrierend sind. In „Le Manoir“ gibt es immerhin ein sprechendes Wildschwein, in „Girls with Balls“ haben wir nur stumme Hinterwäldler. In einer früheren Version des Drehbuchs sollten diese übrigens halb Mensch und halb Schwein sein, was schlussendlich verworfen wurde. In meinen Augen hätte das keinen großen Unterschied gemacht. Der Film steht und fällt mit dem Volleyballteam – und fällt leider mehr, als das er steht.

Girls with Balls: Das Fazit

Der Film schneidet nicht wesentlich besser ab als ich beim Volleyball im Sportunterricht. „Girls with Balls“ verschenkt seine weiblichen Charaktere und macht aus dem Kampf Volleyballerinnen gegen Hinterwäldler ein albernes Gemetzel ohne echte Sympathieträger.

Girls with Balls: Die Daten

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