Der Autor Warren Ellis glaubt an den amerikanischen Traum … als etwas, das man genüsslich auseinander nehmen und in richtig spitze, kleine Einzelteile zerlegen kann. In seinen Romanen „Gott schütze Amerika“ und „Gun Machine“ hält der gebürtige Brite der amerikanischen Kultur knallhart den Spiegel vor und chont die Leser nicht mit Beschreibungen von Gewalt und Unmoral. Wer da lieber erst einmal eine kleinere Dosis kosten möchte, der kann dies mit Ellis‘ Kurzgeschichte „Ein Haufen toter Schweine“ wunderbar tun.
Mein Kontostand an gelesenen Büchern ist mittlerweile so gut gefüllt, dass mich, wäre das eine anerkannte Währung, jede Bank stets mit einem roten Teppich und einer eigenen Einmarschmusik begrüßen würde. An viele, viele, viele dieser Bücher kann ich mich offen gestanden schon gar nicht mehr erinnern, aber „Gott schütze Amerika“ und „Gun Machine“ gehörten auf jeden Fall zu den härtesten, cleversten und – in absolut positivem Sinne – fiesesten Thrillern, die ich je konsumiert habe.
Ein Haufen toter Schweine: Der Killer
Die Kurzgeschichte „Ein Haufen toter Schweine“ erschien im März 2014 in Deutschland und umfasst 34 Seiten. Erzählt wird aus dem Leben von Mr. Sun, einem Profikiller, der für einen Auftrag von London nach Los Angeles reist. Mr. Sun ist sehr gut in seinem Job und hat seine festen, bewährten Vorgehensweisen. Unglücklicherweise ist sein aktueller Auftraggeber ein absoluter Schwachkopf, der selbst tot auf dem Küchenboden der Zielperson endet. Nun hat Mr. Sun eine falsche Leiche, eine äußerst lebendige und an seiner Arbeit erstaunlich interessierte Zielperson sowie genug Zeit und Ruhe, etwas zu tun, was normalerweise bei seiner Arbeit ausgeschlossen ist: Über sie zu erzählen. Schweine kommen dabei übrigens nicht zu schaden.
Ein Haufen toter Schweine: Die Routine
Die toten Schweine sind nicht wörtlich zu nehmen, sondern Ausdruck von Mr. Suns Arbeitsweise. Er sieht seine Opfer einfach nicht als Menschen und beseitigt ihre Leichen so unaufgeregt, professionell und sorgfältig, wie ein staatlich geprüfter Fleischermeister seine Arbeit erledigt. Mr. Sun ist nicht böse, nicht hinterhältig, ja nicht einmal unsympathisch. Er ist ein Mann, der routiniert seiner Arbeit nachgeht, ohne Emotionen. Er meint es nicht persönlich. Das ist das Erschreckende daran: Diese Normalität bei etwas, das nicht normal sein dürfte.
Als Mr. Sun durch die Idiotie seines Auftraggebers plötzlich die falsche Leiche und ein lebendes Anhängsel zu managen hat, kommt es zu einem unerwarteten Ausbruch aus seiner Routine. Plötzlich ist da jemand, der ihm über die Schulter schaut und dem er sein Wissen und seine Künste vorführen kann. Mr. Sun genießt das. Wie ein Fabrikarbeiter, der immer alleine am Fließband stand und auf einmal eine Assistentin hat, die absolut alles über jeden Handgriff wissen will, beschreibt er der Frau, die er eigentlich töten sollte, wie man eine Leiche verschwinden lässt und die Ermittler aufs Glatteis führt. Endlich ein bisschen Anerkennung!
Ein Haufen toter Schweine: Das Lehrstück
Im Grunde ist Warren Ellis‘ Kurzgeschichte eine Anleitung, wie man effektiv mordet und eine Leiche beseitigt. Genau diesen Eindruck will der Autor erzeugen. „Ein Haufen toter Schweine“ ist gemein und makaber, weil die Story Wissen vermittelt, das Menschen nicht haben sollten und eigentlich zu niemandes Beruf gehören dürfte. Doch leider wissen und tun Menschen so etwas. Sie tun es ohne Groll, ohne Skrupel, ohne einen tieferen Sinn. Sie tun es einfach nur für Geld. Bezeichnenderweise erfahren wir zwar vieles, nicht aber, wie viel Mr. Sun für den Auftrag (im voraus) kassiert hat. Es geht uns ja auch nichts an, was ein Mensch so verdient.
Ein Haufen toter Schweine: Die Fakten
- Autor: Warren Ellis
- Länge: 34 Seiten
- Erscheinungsdatum (DE): 24. März 2014
- Deutscher Verlag: Heyne
Die Kurzgeschichte kann über Amazon für weniger als 1 Euro auf den Kindle geladen werden. Ein kleiner Haufen Münzen.