Vorsicht, Personen auf Wappen!

Die Wappentiere waren schon dran, nun klettern wir in der Nahrungskette eine Stufe höher und widmen uns Menschen, die von Wappen starren – oder zumindest menschlichen Gesichtern, die dies tun, der Rest des Körpers ist mitunter etwas ausgefallener. Wie kommen Personen auf Wappen, was ist der Unterschied zu menschlichen Figuren und wer sind diese Leute überhaupt?

Personen auf Wappen

So mancher Heiliger hat auf Wappen eine neue Heimat gefunden

Wappen waren ja so etwas wie die Panini-Bilder des Mittelalters, mit Heiligen und mythischen Gestalten statt Fußballspielern oder Zeichentrickfiguren. Nein, um ehrlich zu sein stimmt das nicht. Es gibt aber eine ganze Reihe von Städten, Staaten und Gemeinden, die Menschen auf ihrem Wappen abbilden. Dabei gibt es drei verschiedene Arten von „Wappenmenschen“: menschliche Figuren, Personen und Phantasiefiguren. Bei den menschlichen Figuren handelt es sich um Stereotypen, die bildhaft eine Berufsgruppe oder Ethnie darstellen. Das Wappen von München etwa zeigt einen Mönch, der dabei für keinen bestimmten Mönch steht. Anders ist es bei den Personen auf Wappen. Dabei handelt es sich tatsächlich um Abbildungen konkreter Persönlichkeiten, die vielleicht oder vielleicht nicht existiert haben. Häufig sind dies christliche Heilige oder seltener Götter aus der griechischen Mythologie. Als Phantasiefiguren wiederum werden Mischwesen aus Mensch und Tier oder Mensch und mythischer Kreatur bezeichnet, die gleichfalls auf vielen Wappen zu finden sind.

Fünf (menschliche) Wappen

Wappen von Powiat Siemiatycki

Wappen auf Personen: Ritter von SiemiatyckiPowiat Siemiatycki ist nicht der Name des Ritters auf dem Wappen. Auch nicht der des Adlers. „Powiat“ ist das polnische Wort für „Landkreis“ bzw. entspricht dem, was bei uns ein Landkreis ist. Der Landkreis Siemiatycki liegt im Nordosten Polens und besteht aus neun Gemeinden. Angriffe von Rittern auf Vögel oder andere Tierarten sind dort inzwischen nur noch selten zu beobachten. Es ist zudem fraglich, ob der Ritter auf dem Wappen den Adler tatsächlich angreift. Der Adler ist nach dem Löwen das zweithäufigste Wappentier und steht für Unsterblichkeit (!), Mut und Kraft. Bei dem tapferen Ritter handelt es sich um eine menschliche Figur, also nicht um eine spezifische Person. Den Berufsstand des Ritters gibt es, außer auf Mittelalterfesten, zwar heute nicht mehr, doch kann diese Figur als Symbol für Militär und andere Vertreter der Staatsmacht betrachtet werden. Der Adler und der Ritter bilden wohl eher eine ergänzende Einheit, statt geschworene Todfeinde zu sein, obwohl der Adler wirklich nicht erfreut aussieht.

Wappen von Trier

Christliche Heilige sind, wie schon angedeutet, ein häufig wiederkehrendes Personen-Motiv auf Wappen. In nicht wenigen Fällen handelt es sich bei dem Personen auf Wappen: Petrus von Trierdargestellten Heiligen um Petrus. Er ist der Schutzpatron vieler Städte, wenngleich nicht alle Menschen dort das Wetter mögen, das er ihnen schickt. Sein Abbild ziert auch das Wappen der deutschen Großstadt Trier in Rheinland-Pfalz. Bereits seit dem 12. Jahrhundert ist Petrus als Schutzheiliger von Trier auf den amtlichen Dokumenten der Stadt zu finden. Eine sehr dauerhafte Partnerschaft. Petrus wird auf dem Trierer Wappen mit einem goldenen Schlüssel in der rechten und einem roten Buch in der linken Hand abgebildet. Der Schlüssel taucht häufig in Verbindung mit Petrus auf und gilt als das Erkennungssymbol des Heiligen. Man spricht folglich vom „Schlüssel Petri“. Er repräsentiert den Schlüssel zum Himmelreich oder die Sündenvergebung.

Wappen von Warschau

Personen auf Wappen: Warschauer SeejungferSie ist ein polnischer Superstar und das bereits seit dem Jahr 1390: die Warschauer Seejungfer. Sie bildet das zentrale Motiv auf dem Wappen der polnischen Hauptstadt und zeigt in der Stadt selbst durch mehrere Statuen große Präsenz. Zu Beginn ihrer Karriere im 14. Jahrhundert sah sie freilich noch etwas anders aus. Damals wurde sie mit Vogelfüßen und einem Drachenkörper dargestellt. Im 15. Jahrhundert bekam sie einen Fischschwanz, einen weiblichen Oberkörper mit Händen sowie Vogelfüße mit Krallen. Ihre aktuelle Gestalt erhielt sie im Jahr 1622. Seitdem wurde sie keinem größeren Make-Over mehr unterzogen, 1938 kam lediglich der rote Hintergrund dazu. Um die Warschauer Seejungfer ranken sich verschiedene Legenden. Eine besagt, dass die Seejungfer sich am Ufer Warschaus so wohl fühlte, das sie beschloss, dort zu bleiben. Mehrere Fischer, die betört waren von ihrem Gesang, verliebten sich in sie. Als ein reicher Kaufmann sie gefangen nahm und verschleppte, befreiten die Fischer sie. Seitdem bewacht die Seejungfer mit Schwert und Schild bewaffnet die Stadt. Ob sie daneben noch Zeit für ihre Gesangskarriere hat, ist nicht verbrieft. Persönlich finde ich es wunderbar, wenn in Wappen entweder eine interessante Geschichte oder zumindest eine unterhaltsame Legende steckt.

Wappen von Währing

Personen auf Wappen: Die Heiligen und Winzer von WähringAuf dem Wappen des Wiener Gemeindebezirks Währing sehen wir einen regelrechten Menschenauflauf. Es sind drei Personen und zwei menschliche Figuren abgebildet. Dieses muntere Treiben ergibt sich aus der Tatsache, dass das Wappen von Währing vier ehemals selbständige Gemeinden repräsentiert. Quasi ein Patchwork-Wappen. Das zentrale Schild im Schild in der Mitte zeigt den Heiligen Laurentius. Dieser wird mit einem Rost und einer so genannten Märtyrerpalme abgebildet. Der Begriff Märtyrerpalme lässt natürlich nichts Gutes bezüglich des Rosts erahnen und tatsächlich starb der Heilige Laurentius im Jahr 258 den Märtyrertod auf einem glühenden Eisenrost. Heute ist er der Schutzpatron vieler Berufsgruppen, die mit offenem Feuer zu tun haben (oder hatten), z.B. Feuerwehrleute, Bäcker und Bierbrauer. Links oben im Wappen ist der Heilige Ägidius dargestellt. Keine Angst, das reizende Tier an seiner Seite hat nichts mit seinem Tod zu tun, im Gegenteil. Eine Hirschkuh soll ihm das Leben gerettet haben, indem sie ihn mit Milch nährte. Er wiederum fing für sie einen Pfeil ab, was er aber überlebte. Daher wird er häufig nicht nur mit einer Hirschkuh, sondern zusätzlich mit einem Pfeil abgebildet. Ein Buch tut es wie in diesem Fall natürlich ebenfalls. Rechts neben Ägidius ist mit Johannes Nepomuk ein weiterer Heiliger zu sehen. Als Priester lehnte er sich im 14. Jahrhundert gegen einen König auf und starb den Märtyrertod durch Ertränken. Seine Leiche soll im Wasser treibend von fünf Flammen umsäumt gewesen sein, daher wird er mit 5 Sternen um sein Haupt dargestellt. Ihr könnt sagen, was ihr wollt, aber Heiligengeschichten übertreffen bei näherer Betrachtung so manchen Hollywood-Thriller bei Weitem. Das finden wahrscheinlich auch die beiden Winzer im unteren Teil des Wappens. Sie stehen für keine konkreten Personen, sondern für den Weinbau, der in der ehemaligen Gemeinde Weinhaus (!) ein wichtiger Wirtschaftszweig war. Christentum und Wein passen glücklicherweise ganz wunderbar zusammen.

Wappen von Uman

Personen auf Wappen: Kosake von UmanEine Figur, stellvertretend für ganze Gemeinschaften. Das Wappen der ukrainischen Stadt Uman zeigt einen Kosaken mit Speer auf blauem Grund. Die Kosaken waren freie Reiterverbände, die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert in den Steppengebieten zu Hause waren und sich gegen Unterdrückung und Angriffe von außen auflehnten. Sie bestanden zumeist aus ehemaligen Leibeigenen oder anderen Abtrünnigen aus dem ukrainisch-russischen Gebiet. Bis heute gibt es Kosakenverbände und Initiativen, um das „Kosakentum“ zu erhalten. Die Kosaken gelten aber in der Ukraine nicht als eigene Volksgruppe.

Vorschau

Wappen wurden von Menschen gemacht, für Menschen und oftmals mit Menschen darauf. In der nächsten Folge begeben wir uns nach Großbritannien und sehen uns einige dortigen Wappen an. Die werden definitiv bleiben, egal ob das Königreich aus der EU ausscheidet oder nicht.

Übersicht

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