Zum ersten Mal, seit ich auf der Welt bin, hat die deutsche Nationalmannschaft ein WM-Auftaktspiel verloren. Zuletzt passierte dies 1982, ein Jahr vor meiner Geburt, gegen Algerien. Danach erreichte die deutsche Mannschaft noch das Finale, womit bewiesen wäre, dass ein verpatzter Start keine Katastrophe sein muss. Leider fühlt sich diese Niederlage gegen Mexiko dennoch wie ein Abgesang an.
Wenn wir ehrlich sind, wollte in Deutschland bisher so recht keine WM-Stimmung aufkommen. Die Gründe dafür sind vielfältig: der Austragungsort Russland behagt vielen nicht, die Affäre um die Spieler Özil und Gündogan, die so selten dämlich waren, sich vom türkischen Machthaber Erdogan für Wahlkampfzwecke einspannen zu lassen, wirkt belastend und die Testspiele gaben wenig Anlass zur Begeisterung. Nun hat Mexiko noch gewaltig Salsa in die Wunde geschmiert. Es brennt.
Der Weltmeisterfluch
Drei der letzten vier Weltmeister sind im anschließenden WM-Turnier bereits in der Vorrunde gescheitert: Frankreich 2002, Italien 2010 und Spanien 2014. Deutschland droht 2018 dieses Schicksal ebenfalls. Im Auftaktspiel gegen hochmotivierte Mexikaner präsentierte sich der amtierende Weltmeister erschreckend lethargisch, unkonzentriert und sorglos. Dies zog sich durch die gesamte 1. Halbzeit und wurde im zweiten Durchgang nur leidlich besser. Der Schalter, der nach den behäbigen Testspielen hätte umgelegt werden müssen, klemmte noch immer.
Was jetzt? Das Achtelfinale kann noch aus eigener Kraft erreicht werden, sogar der Gruppensieg sitzt theoretisch noch drin, abhängig von dem weiteren Auftreten Mexikos. Stand jetzt, wie man im deutschen Fußball aktuell gerne sagt, ist mein Optimismus allerdings sehr gering. Die Mannschaft strahlt nicht annähernd die Überzeugung und die Geschlossenheit aus, die 2014 entscheidend für den Triumph waren. Das fiel früh auf. Noch bevor Deutschland in Rückstand geriet, durchfuhr mich der Gedanke „Das war’s“ und gemeint war nicht nur das Spiel gegen Mexiko. Irgendwie konnte man die Unstimmigkeiten geradezu mit Händen greifen. Es passt nicht mehr. Statt bereit für die Titelverteidigung, wirkten die meisten Spieler eher urlaubsreif. So viele Fehler, so wenig Elan. So bedauerlich.
Die Ente und die Hoffnung
Da die Ente bekanntlich hinten kackt, stirbt auch die Hoffnung zuletzt. Vielleicht folgt auf die Niederlage ein reinigendes Gewitter im Team, das dazu führt, dass sich die Spieler in den kommenden beiden Partien zerreißen und endlich wieder die Leistung abrufen, zu der sie fähig sind. Einige personelle Umstellungen könnten dazu beitragen. Wie bereits erwähnt fehlt mir persönlich aber der Glaube an ein erfolgreiches Herumreißen des Ruders.
Auch die Favoriten Spanien, Argentinien und Brasilien sind ohne Siege in dieses Turnier gestartet, konnten sich aber immerhin noch jeweils einen Punkt ergattern. Dieses „immerhin“ scheint bei der deutschen Mannschaft diesmal ebenfalls zu fehlen. Schlecht spielen und dennoch zu punkten ist immer möglich, aber dazu muss man erkennen, dass man schlecht spielt und gemeinsam das Glück erzwingen. Es muss ja nicht schön aussehen, es muss nur funktionieren. Aktuell funktioniert beim Weltmeister herzlich wenig.
Ich wende mich nicht von der Mannschaft ab, ich drücke ihr immer noch beide Daumen, alle Zehen und die Ohrläppchen, nur rechne ich dabei mit dem Schlimmsten. Zum Glück ist das Schlimmste hier nur ein Vorrundenaus, das zu einem Neuaufbau führen wird.