Die seltsamsten Superhelden aller Zeiten (1)

Einer der vielen Gründe, warum uns Superhelden begeistern und faszinieren, ist die Tatsache, dass wir gerne wie sie wären. Wer hat sich nicht schon einmal ausgemalt, übermenschlich stark zu sein, fliegen zu können oder Telekinese zu beherrschen? Es gibt allerdings Superhelden, deren Kräfte möchten die meisten von uns nicht einmal dann geschenkt haben, wenn es noch ein Auto und eine Reise nach Südfrankreich dazu gäbe. Versteckt hinter Batman, Superman, Wonder Woman, Iron Man und Co. lauern einige seltsame Gestalten, die sich ebenfalls Superhelden schimpfen dürfen. Dieser Titel ist nicht urheberrechtlich geschützt.

Seltsame Superhelden

Comics kennen keine Grenzen

Von den etwas anderen Superhelden, die ich im Folgenden vorstellen möchte, haben Filmproduzenten bisher wohlweislich die Finger gelassen. Sie tauchen bislang nur in Comics der beiden großen Verlage Marvel und DC auf oder sind – seltener – in Zeichentrickserien zu sehen. Das ist einerseits verständlich, andererseits schlummert hier Potential für wirklich schräge Film- oder zumindest Fernsehunterhaltung. Mit Fernsehunterhaltung meine ich in erster Linie die etwas mutigeren Streaming-Anbieter. Von einem Batman und einem Spider-Man haben wir schon so viel gesehen, wie wäre es zur Abwechslung mal mit Arm Fall Off Boy oder Dead Girl? Vorgemacht hat es „Deadpool 2“ mit einem Auftritt des Gift kotzenden Superhelden Zeitgeist. Ja, er heißt tatsächlich so und Nein, er ist nicht das Maskottchen dieses Blogs.

Arm Fall Off Boy

Seltsame Superhelden: Arm Fall of Boy

Quelle: DC Comics

Besser arm dran als Arm ab, pflegt mein Vater gerne zu sagen. Der Charakter Arm Fall Off Boy aus dem DC-Universum ist eigentlich immer, egal ob ihm seine Arme gerade abfallen oder nicht, ziemlich arm dran, denn es will ihn einfach niemand ernst nehmen. Arm Fall Off Boy verfügt – falls das noch nicht deutlich genug geworden sein sollte – über die Gabe, sich seine oberen Gliedmaßen abzunehmen, um damit Bösewichter zu vermöbeln. Ob es einen mächtigen Schurken wirklich einschüchtert, wenn da ein Einarmiger auf ihn zustürmt, der in seiner Hand den amputierten Arm drohend schwingt, darüber lässt sich streiten, als mehrsekündige Ablenkung könnte es aber taugen. Arm Fall Off Boy tauchte erstmals 1989 in der Comicireihe „Secret Origins Vol. 2 (Ausgabe 46)“ auf, ohne das darin sein Hintergrund näher beleuchtet wird. Die Serie „Zero Hour: Crisis in Time“ tilgt seinen Charakter aus der Geschichte, woraufhin er später als Splitter wieder in Erscheinung tritt. In der namentlichen Entwicklung kommt das einem Quantensprung gleich. Außerdem besitzt er nun einen bürgerlichen Namen – Floyd Belkin – und den Planeten Lallor als Heimat. Ansonsten hat sich die wandelnde Steckfigur nicht verändert. Bei seinem Versuch, in die Legion of Heroes aufgenommen zu werden, fällt der ehemalige Arm Fall Off Boy vor Aufregung im wahrsten Sinne des Wortes auseinander.

Big Bertha

In der Realität sind Essstörungen ein Krankheitsbild, in Comics können sie als Superkraft durchgehen. Big Bertha, eine Marvel-Schöpfung, lebt unter ihrem richtigen Namen Ashley Crawford in Milwaukee und verdient als Supermodel ihr Geld. Wenn die Welt sie wirklich braucht, nicht nur als Blickfang, vergrößert sie ihre Körpermasse enorm und wird zur voluminösen Big Bertha, die übermenschlich stark und beinahe unverwundbar ist. Sie setzt sich mit ihren 340 Kilo ganz gerne auf die Schurken, die sie gerade besiegt hat, was denen richtig wehtut. Um wieder in ihr alltägliches Leben als schlanke Schönheit von 55 Kilo zurückzukehren, erbricht sie sich einfach ordentlich. Die symbolische Wirkung dieses Charakters ist durchaus kontrovers, manche würden sogar sagen verheerend, was Marvel nicht daran hindert, sie seit 1989 in verschiedenen Comicreihen auftreten zu lassen. Die Tatsache, dass sie eine freundliche und loyale Persönlichkeit hat, macht es dabei schwer, sie nicht zu mögen.

Matter-Eater Lad

Seltsame Superhelden: Matter-Eater Lad

Quelle: DC Comics

Auch DC hat einen schrägen Helden mit gestörtem Essverhalten auf der Speisekarte. Matter-Eater Lad, der mit außerirdisch-bürgerlichem Name Tenzil Kem heißt, stammt vom Planeten Bismoll, dessen Bewohner lernen mussten, absolut alles zu essen, um nicht zu verhungern. Auf den meisten anderen Planeten und definitiv auf der Erde macht dies Matter-Eater Lad zu einem absonderlichen Phänomen. Er kämpft gegen das Böse, indem er einfach auffuttert, was für Menschen gefährlich werden könnte, seien es schwere Waffen oder Kometen auf Kollisionskurs. Klingt doch köstlich! Im direkten Kampfgeschehen ist diese Gabe freilich nur bedingt hilfreich, denn während der freundliche Außerirdische an einem Maschinengewehr, Laternenpfahl oder Maschendrahtzaun knabbert, kann ihn selbst die B-Ware unter den Schurken mühelos angreifen. Entsprechend wird Matter-Eater Lad, der immerhin schon Anfang der 1960er Jahre sein Comic-Debüt feierte, nicht allzu häufig eingesetzt, sofern es nicht gerade etwas wirklich Übles zu verdauen gibt. Ich würde ihm ja den Plastikmüll aus den Meeren kredenzen, damit wäre er lange Zeit sinnvoll beschäftigt.

Dogwelder

Es geht geschmacklos weiter. Der skurrile Superheld Dogwelder hat zwar nichts mit Ernährung zu tun, ist aber dennoch ein Meister des Unappetitlichen. Seine Fähigkeit, die in diesem Fall eher ein erlerntes Talent unter Nutzung einer entsprechenden Ausstattung ist, besteht darin, dass er tote Hunde an Bösewichte schweißen kann. Ausgedacht haben sich das mehrere DC-Autoren, die offenbar einen makaberen Sinn für Humor besitzen, eine Wette verloren haben oder von einem Rudel Hunde gebissen wurden. Dogwelder absolvierte seinen ersten Auftritt im 1997 erschienenen Comic „Hitman Vol 1 (Ausgabe 18)“ als Mitglied der Section 8, einem Team aus mental instabilen Superfreaks im irischen Viertel von Batmans Heimat Gotham City. Der richtige Name von Dogwelder wird nie enthüllt. Er stirbt im Kampf gegen einen Bösewicht und erhält tatsächlich einen Nachfolger mit der konsequenten Bezeichnung Dogwelder II.

Kid Eternity

Seltsame Superhelden: Kid Eternity

Kid Eternity auf dem Cover von „Hit Comics (Ausgabe 25)“

Die Geschichte von Kid Eternity begann bereits im Jahr 1942 in der 25. Ausgabe der „Hit Comics“ des Verlags Quality Comics. Heute wissen nur noch Kenner, welchen großen Einfluss Quality Comics auf die Entwicklung des Superhelden-Genres hatte. Der Verlag machte 1956 dicht und verkaufte seine Figuren an DC. So fand Kid Eternity eine neue Heimat. Der richtige Name dieses jungen Superhelden lautet Christopher Freeman. Da er versehentlich 75 Jahre zu früh aus dem Leben scheidet, wird er mit der Aufgabe, Gutes zu tun, auf die Erde zurückgeschickt. Dazu erhält er die Gabe, mit dem Wort „Eternity“ jede historische oder fiktive Figur herbeizurufen, die er möchte. Bis auf den Aspekt mit dem frühen Tod klingt das doch gar nicht so schlecht … was DC nach einigen Jahrzehnten dazu veranlasste, Kid Eternity auf einen düsteren Pfad zu schicken. Es stellt sich heraus, dass die herbeigerufenen Geister eigentlich Dämonen sind. Eine verdammt unerfreuliche Entwicklung für Kid Eternity. Bei Quality Comics wäre ihm das nicht passiert.

Dead Girl

Erst sterben zu müssen, um ein Superheld zu werden, klingt nun wirklich nicht erstrebenswert. Bei Dead Girl aus dem Hause Marvel tritt das Phänomen noch extremer auf als beim oben genannten Kid Eternity. Dead Girl ist richtig tot und lebt doch putzmunter weiter. Als eine Art Zombie-Geist bringt sie durchaus beachtliche Fähigkeiten mit. Da sie sowieso nicht mehr lebt, können ihr Waffen nichts anhaben, sie ist stark, schnell und kommuniziert mit (anderen) Toten. Sie ist sogar in der Lage, kürzlich Dahingeschiedene für eine Weile wiederzubeleben, um eine Folge von „The Walking Dead“ zu drehen oder die Welt zu retten. Es gibt so manches, dass einem an Dead Girl gefallen kann, nur das sie tot ist vielleicht nicht.

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