Das 20. Jahrhundert war noch jung und die beiden großen Kriege, die Europa für immer verändern sollten, noch nicht absehbar, als die militärtechnische Zukunft entschlossen Anlauf nahm, um krachend an der Vergangenheit zu scheitern. Das ist die Geschichte des Austro-Daimler Panzerwagens.
Die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts waren eine Zeit des Auf- und Umbruchs. Die Industrialisierung schritt voran, dass Leben wurde beweglicher, schneller und vielseitiger. Zugleich gab es noch immer reaktionäre Kräfte in Politik, Wirtschaft und Militär, die den Veränderungen kritisch gegenüberstanden und diese blockierten. Der Austro-Daimler Panzerwagen ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Er war dazu gedacht, Schlachtfelder schneller und sicherer zu überwinden, doch seine Inkompatibilität mit dem lange Zeit führenden Transportmittel der Menschheit wurde ihm zum Verhängnis. Aufhalten konnte dies die Entwicklung natürlich nicht.
Ein Automobil für die Schlacht
1903 war das motorisierte Automobil seit noch nicht ganz 20 Jahren ein Bestandteil des Straßenbildes. Parkplätze hätten damals noch persönliche Einladungskarten verschicken können und wären trotzdem zu 90% unausgelastet geblieben. Leopold Salvator, ein General der Österreichisch-Ungarischen Landstreitkräfte, sah in den neumodischen Kraftfahrzeugen militärisches Potential und beauftragte den Motorenhersteller Austro-Daimler damit, ein Auto zu entwickeln, das sich fürs Schlachtfeld eignet. Paul Daimler konzipierte daraufhin den Austro-Daimler Panzerwagen, dessen Prototyp nach drei Jahren fertiggestellt werden konnte.
Der Austro-Daimler Panzerwagen war ein allradgetriebenes Fahrzeug mit einem drehbaren Geschützturm, einer Länge von fast 5 Metern und einem Daimler 4 Zylinder Motor. Die Sitze ließen sich herabsenken, um die Köpfe des Fahrers und des Beifahrers bei Feindberührung aus der Schusslinie zu bringen. Für die damalige Zeit war das Gefährt erstaunlich wendig und leistungsstark. Heute könnte man es wahrscheinlich schon mit einem Ventilator umpusten. Na ja, zumindest fast.
Kleines Schmankerl am Rande: Der vollständige Name des fortschrittlichen Generals Leopold Salvator lautete Leopold Salvator Maria Joseph Ferdinand Franz von Assisi Karl Anton von Padua Johann Baptist Januarius Aloys Gonzaga Rainer Wenzel Gallus von Österreich-Toskana. Der Name spiegelt ungefähr die Entfernung zwischen Österreich und der Toskana wider.
Für den Krieg ungeeignet
Bei seinen ersten Probemanövern 1906 machte der Austro-Daimler Panzerwagen eine unerwartet gute Figur, doch er hatte ein großes Manko: Er war LAUT! Auch heute noch ist es ziemlich schwierig, einen startenden Motor zu überhören, vor 110 Jahren hätte allenfalls ein Vulkanausbruch einen Motorenstart übertönen können. So kam es, dass das Pferd des Chefs des Generalstabs beim Start des Motors scheute. Die Reaktion dieser einzelnen Pferdestärke legte die 40 PS in panzerner Rüstung lahm, noch bevor sie richtig Fahrt aufnehmen konnten. Kaiser Franz Joseph I. lehnte den Panzerwagen nach der Vorführung als kriegsuntauglich ab. Der Herrscher wollte ganz offensichtlich keine Pferde scheu machen. Von dieser konservativen Entscheidung profitierten die Pferde, die weiterhin ihre Knochen hinhalten mussten, am wenigsten.
Die Idee eines gepanzerten Militärfahrzeugs hatte sich allerdings in viele Köpfe festgesetzt und so wurden immer mehr Prototypen konstruiert, die den Weg ebneten für den heutigen Panzer. Schöner wäre es natürlich gewesen, wenn sich unsere Welt dahingehend entwickelt hätte, dass wir gar kein Militär und damit keine Militärmaschinen mehr brauchen, aber das dies unrealistisch war, hätte selbst Kaiser Franz Joseph I. damals schon erkannt.