König Fußball und seine gefallenen Krieger

Wenn wir ein Fußballspiel verfolgen, dann erwarten wir von den Spielern, dass sie rennen, schießen, Zweikämpfe gewinnen und am Ende als Sieger vom Platz gehen. Wir erwischen uns dabei, wie wir lauthals „Steh auf, verdammt!“ oder „Reiß dich zusammen!“ in Richtung des Fernsehers brüllen, sobald ein Spieler zu Boden geht. Leider stehen sie nicht jedes Mal wieder auf. Manchmal fallen sie für immer. Der Fußball fordert seine Opfer.

Todesfälle im Fußball

Die Tragik liegt auf dem Platz

Anfang Juli 2017 ist mit dem 20-jährigen Abdelhak Nouri wieder ein Fußballprofi auf dem Spielfeld zusammengebrochen und musste reanimiert werden. Stadionbesucher und Fernsehzuschauer, die so etwas miterleben müssen, sind verständlicherweise geschockt. Solche Geschehnisse passen nicht zu unserem Verständnis von Fußballprofis als durchtrainierte Hochleistungsbringer in einer perfekt durchorganisierten Sportwelt, doch Fußballprofis werden immer auch Menschen bleiben. Sie können vieles erreichen, dabei aber nicht sämtliche biologische Gesetzmäßigkeiten aushebeln. Wenn wir uns die Geschichte der tragischen Spielertode im (Männer-)Profifußball ansehen, lässt sich ablesen, wie viel schon getan wurde, um die Gefahren zu minimieren.

Scherben im Gras

FußballgeschichteIm Januar 1889 bestritt der Staveley F.C., ein Fußballclub aus Derbyshire, eine Partie gegen Grimsby Town. Zu den Männern auf Seiten von Staveley gehörte der 26-jährige William Cropper, der als Doppeltalent galt: Er spielte nicht nur Fußball, sondern auch Cricket auf höchstem Niveau. Nach etwa 15 Minuten in der ersten Halbzeit kollidierte Cropper mit dem gegnerischen Verteidiger Dan Doyle. Dabei bekam Cropper Doyles Knie mit voller Wucht in den Bauch. Croppers Darm riss und er starb in der Umkleidekabine in den Armen eines Teamkameraden. Heute wären seine Überlebenschancen durch einen sofortigen Transport ins Krankenhaus sehr viel höher als sie es 1889 waren, absolute Gewissheit gäbe es dennoch nicht, zumal sich eine solche Verletzung nicht immer sofort offenbart. Das beweist der Fall des Belgiers Albert Van Coile, der 1927 während eines Turnierspiels seines Clubs Cercle Brügge mit dem gegnerischen Torwart zusammenkrachte und scheinbar keine Verletzungen davontrug. Erst am nächsten Tag wurde bei ihm ein Riss im Darm entdeckt, der wenig später trotz Not-Operation zu seinem Tod im Alter von 27 Jahren führte. Er erlebte nicht mehr mit, wie sein Team in jenem Jahr die belgische Meisterschaft gewann.

In der Gegenwart unvorstellbarer erscheint der Tod des schottischen Nationalspielers James Dunlop, der im Januar 1892 an den Folgen einer Tetanus-Infektion starb, nachdem er auf dem Spielfeld in eine Glasscherbe gefallen war und sich das Knie aufgeschnitten hatte. Er wurde nur 22 Jahre alt. Der erste Tetanusimpfstoff war zwar bereits zwei Jahre zuvor entwickelt worden, die Tetanusimpfung, wie wir sie heute kennen, existiert jedoch erst seit den 1920ern.

James Dunlop blieb nicht der einzige britische Nationalspieler, dem Glas auf dem Fußballplatz zum Verhängnis wurde. Im Jahr 1902 fiel David „Di“ Jones, ein für die walisische Nationalmannschaft und Manchester City aktiver Abwehrspieler, während eines Vorbereitungskicks in ein Glasstück. Auch er schnitt sich dabei das Knie auf und verstarb einige Tage später an Tetanus. In unserer Zeit gilt das Risiko, im professionellen Fußball in eine Glasscherbe zu fallen und sich zu verletzen, als gering, da die Plätze dafür in der Regel zu gründlich gewartet werden.

Fußball in Kriegszeiten

Ein weiteres tragisches Kapitel in der langen britischen Fußballgeschichte schrieb Bob Benson, der für Woolwich Arsenal, dem Vorläufer des FC Arsenal, spielte. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde in England der professionelle Fußballbetrieb eingestellt. Der knapp über 30-jährige Profi Robert „Bob“ Benson gab daraufhin seine Karriere auf und begann hauptberuflich in einer Munitionsfabrik zu arbeiten. Sein Club Woolwich Arsenal kickte in der London Combination, einer eigens gegründeten regionalen Spielklasse aller Londoner Vereine, weiter. Als einer seiner ehemaligen Mitspieler ausfiel, ließ sich Benson im Jahr 1916 dazu überreden, für eine Partie einzuspringen. Benson, der gut 12 Monate nicht mehr trainiert hatte, brach in der zweiten Halbzeit zusammen und verstarb in der Umkleidekabine an einem geplatzten Blutgefäß. Sein Tod war unmittelbar auf die Anstrengung zurückzuführen und zeigt, wie wichtig es für Fußballer ist, sich fit zu halten.

Spielen mit Tuberkulose

Todesfälle im Fußball: Nikola Gazdić

Nikola Gazdić

Im 21. Jahrhundert sind es zumeist unentdeckte Herzschwächen, die den Tod von Fußballern verursachen, wohingegen es üblicherweise nicht mehr vorkommt, dass ein Profispieler mit einer nachweislich schweren Erkrankung aufs Feld geschickt wird. Die vielen medizinischen Checks verhindern das. Zu Beginn der 1920er Jahre nahmen es die Menschen damit weniger genau und so stand am 22. Mai 1921 mit Nikola Gazdić ein schwer an Tuberkulose erkrankter Fußballprofi für den kroatischen Spitzenverein Hajduk Split auf dem Platz. In der Partie gegen den damaligen Erzrivalen Građanski Zagreb schoss er ein Tor, holte einen Elfmeter heraus, brach zusammen und starb. War das noch sportliche Leidenschaft oder schon Selbstmord?

Zu einer bis heute im Fußball geltenden Regeländerung führte der Tod des an Diabetes erkrankten Torhüters Jimmy Thorpe im Jahr 1936. In einem Ligaspiel seines Clubs Sunderland gegen den FC Chelsea erhielt er mehrere Tritte gegen den Kopf und fiel in ein Diabetisches Koma. Er starb wenig später mit 22 Jahren. Nach dem tragischen Vorfall wurde die Regel eingeführt, dass einem Torwart, der einen Ball fest hat, dieser nicht mehr aus den Händen geschlagen werden darf.

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