Was bisher geschah: Am 13. März 2016 habe ich einfach mal damit begonnen, über Wappen zu schreiben. Dem Ganzen habe ich den Namen „Spaß mit Wappen“ gegeben. Nun die Fortsetzung: Ich schreibe weiter über Wappen. In diesem zweiten Teil sehe ich mir einige Wappen aus deutschsprachigen Ländern an, die mitunter viel Spielraum für Interpretationen lassen.
Nur noch einmal kurz zum rechtlichen Aspekt: Ein Wappen darf abgebildet werden, wenn dies der Dokumentation dient oder in Form einer Besprechung geschieht. Das ist hier der Fall. Ich behaupte nicht, irgendwelche Rechte an den jeweiligen Wappen zu besitzen, ich zitiere sie nur. Die aufgeführten Wappen sind rein zufällig ausgewählt. Die Reihenfolge ist ebenfalls beliebig. Alle Städte oder Gemeinden, zu denen diese Wappen gehören, sind bestimmt wunderhübsch und werden nur von netten Leuten bewohnt. Dort gewesen bin ich aber noch nicht.
Fünf Wappen
Wappen von Bad Honnef
„Von Silber (Weiß) und Rot dreißigmal geschacht, in der oberen Hälfte belegt mit einem durchgehenden, fünflätzigen blauen Turnierkragen.“ Die Wappenbeschreibung (Blasionierung) liest sich so ein bisschen wie eine Mischung aus Gedicht und Matheaufgabe. Bad Honnef ist eine Stadt im Süden Nordrhein-Westfalens, die früher als Kurstadt bekannt war und heute als Tagungs- und Kongressstadt gilt. Das Wappen besteht aus dem ehemaligen Schild der Grafen von Sponheim-Heinsberg. Das Schachbrettmuster geht auf ein Schöffensiegel von 1374 zurück. Schöffensiegel dienten früher dazu, Urkunden zu legitimieren. Alles in allem ist das Wappen von Bad Honnef traditionsreich, aber nicht unbedingt spannend. Quasi wie eine Matheaufgabe.
Wappen von Frauenfeld
Dieses Wappen schreit geradezu danach, in einer 80-Seitigen Abschlussarbeit irgendeines Studiums interpretiert zu werden. So viele religiöse und historische Assoziationen sind hier oder scheinen hier möglich. Was wir sehen ist eine Frau, die einen Löwen, der offenbar in seinem Stammbaum den einen oder anderen Drachen mit drin hat, an einer Kette führt. Die beiden einzig verwendeten Farben sind Rot und Gelb, mit dem Schwerpunkt eindeutig auf Rot. Wie gesagt: Das Wappen schreit, allerdings mehr laut als deutlich. Es gehört zur Stadt Frauenfeld in der Schweiz und kann bis heute nicht klar entschlüsselt werden. Der Löwe steht vermutlich für die Habsburger, in deren Herrschaftsgebiet Frauenfeld einst fiel. Die mysteriöse Frau dürfte Maria sein. Die Stadt Frauenfeld entstand auf einer Fläche, die der Gottesmutter gewidmet war und zum Kloster Reichenau gehörte. Der Stadtname leitet sich davon ab. Dass Maria hier den (Habsburger?) Löwen an der Leine hält, wirkt wie ein Statement, das der Kirche mehr Macht zuspricht als dem Adel. Aber das ist nur eine Theorie.
Wappen von Sankt Gilgen
Die Gemeinde Sankt Gilgen in Österreich trägt ein Wappen, das laut Blasionierung „im blauen Felde über einem leicht bewegten Seespiegel eine zwölfstrahlige goldene Sonne“ zeigt. Diese Sonne wird zumeist mit einem einladenden Gesicht dargestellt. So ein Wappen lässt sich gut auf einen Touristenführer drucken. Das Gewässer stellt den Wolfgangsee dar, an welchem Sankt Gilgen liegt. Die Sonne verweist, so heißt es in einigen Quellen, auf Reichsfreiherr Johann Baptist Berchtold zu Sonnenburg (1736 – 1801), der nicht nur einen langen Namen hatte, sondern ein hoher Beamter in Sankt Gilgen und ein Schwager von Wolfgang Amadeus Mozart war. Letzteres erwies sich für ihn sicherlich nicht als nachteilig. Manchmal ist eine Sonne aber auch einfach nur eine Sonne, berühmte Verwandtschaft hin oder her.
Wappen von Erlenbach
Das Wappen von Erlenbach im Landkreis Heilbronn, nicht zu verwechseln mit Erlenbach am Main, Erlenbach in Kaiserslautern oder Erlenbach bei Marktheidenfeld, verdirbt jede Überraschung: Ja, es handelt sich um eine Weinbau-Gemeinde. Die Trauben sprechen eine eindeutige Sprache. Aber was sagt uns das große schwarze Kreuz mit den kleinen gelben Kreuzen darin? Dieses Symbol verweist auf den Deutschen Orden, der einst die Ortsherrschaft über Erlenbach besaß. Es wird als Hochmeisterkreuz bezeichnet. Es findet sich unter anderem auch im Wappen von Bad Mergentheim. Nun stellt sich natürlich die Frage: Welche Verbindung gibt es zwischen dem Deutschen Orden und den Illuminaten? Welche Geheimnisse stecken in deutschen Weintrauben? Warum zeigt das Blatt nach rechts und der Stiel nach links? Und warum gibt es überhaupt so viele Erlenbachs in diesem Land? Mysteriös.
Wappen von Mansfeld
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass dieses Wappen der deutschen Stadt Mansfeld die direkte Antwort auf das Wappen der schweizerischen Stadt Frauenfeld ist. Wir sehen einen Ritter auf einem Pferd, der eine große geflügelte Echse durchbohrt. Entschuldigung, ich meine natürlich einen Ritter in goldener Rüstung, der auf einem weißen Pferd reitend einen furchterregenden Drachen erlegt. Oder, um es mit den offiziellen Worten der Blasionierung zu sagen: „In Rot linkshin gewendet der Heilige Georg in goldener Rüstung auf einem golden gezäumten Schimmel, mit dem mit gold-schwarzer Kreuzfahne bewimpelten Spieß einen geflügelten grünen Drachen durchbohrend.“ Ein Wappen wie eine Gute-Nacht-Geschichte aus dem Mittelalter. Der Heilige Georg ist weithin als Drachentöter bekannt, wobei der Drache hier nicht so sehr wörtlich zu nehmen, sondern als Metapher für Unrecht und Schlechtigkeit zu verstehen ist. Eine Darstellung des Heiligen Georg beim Drachenaufspießen findet sich ebenfalls im Wappen der polnischen Stadt Dzierżoniów, der schweizerischen Gemeinde Kaltbrunn und der russischen Hauptstadt Moskau. In letzterer heißt Georg allerdings Wladimir und der Drache ist ein verkleideter Bär. Nein, Entschuldigung, über Wappen macht man keine Scherze.
Vorschau
Schluss ist erst, wenn die dicke Frau mit dem Löwen gesungen hat. Die dritte Folge von „Spaß mit Wappen“ folgt alsbald und befasst sich mit tierischen Wappen. Spoiler: Es sind auch Fabeltiere dabei.