Gutenberg is coming

Johannes Gutenberg erfand 1450 den Buchdruck und veränderte damit die Welt. Für November plant die WordPress Foundation die Auferstehung Gutenbergs in Form eines neues Editors für ihr weltweit erfolgreiches Content Management System WordPress, das ich ebenfalls verwende. Erwartet uns ein Wunder, das wir alle feiern werden, oder blicken wir eher einem Schreckgespenst entgegen?

Wordpress Gutenberg

Gutenberg und die Druckerpre … WordPress

Das Plugin Classic Editor, das Gutenberg blockiert und den aktuellen Editor beibehält, wurde bereits über eine halbe Millionen mal heruntergeladen (Stand 10. November 2018), noch bevor Gutenberg überhaupt veröffentlicht wurde. Vorfreude sieht anders aus. Vielmehr scheinen hier eine Menge WordPress-Nutzer Notfallvorräte im Angesicht eines aufziehenden Sturms anzulegen. Mittlerweile sind weitere Anti-Gutenberg-Plugins erschienen wie Disable Gutenberg, das eine vollständige oder punktuelle Deaktivierung Gutenbergs erlaubt.

Wie sehr magst du Blöcke?

Wordpress Editor

Der aktuelle und bald „klassische“ Editor

Wer Gutenberg als Beta-Version ausprobiert hat, der weiß bereits, dass sich in diesem Editor alles um Blöcke dreht. Blöcke, Blöcke, Blöcke. Der Nutzer baut sich die Seite oder jeden einzelnen Blogbeitrag mit Textblöcken, Bildblöcken, Zitatblöcken, Audioblöcken, Videoblöcken und anderen Blöcken zusammen. Eine gute Übersicht aller Blöcke findet ihr hier. WordPress‘ neue Liebe zu Blöcken erinnert mich ein wenig an Googles Versuche, uns mit dem sozialen Netzwerk Google+ die Kreise schmackhaft zu machen, wenn auch in einem anderen Zusammenhang. Funktioniert hat dies nicht besonders gut.

Sonderlich positiv fallen auch die Kritiken für Gutenberg bisher nicht aus. Nicht wenigen Nutzern stößt es sauer auf, dass ihnen diese doch ziemlich große Veränderung, nach der sie gar nicht verlangt haben, einfach von oben aufgedrückt wird. Wie beleidigt die Mönche im Jahr 1450 darauf reagiert haben, dass ihre handschriftlich erstellten Bibeln plötzlich unmodern und unpraktisch waren, ist mir nicht bekannt.

Grundsätzlich bedeuten Neuerungen immer Umstellung und Umgewöhnung. Das fällt nicht immer einfach, lohnt sich aber, wenn die Veränderungen am Ende Verbesserungen bringen. Ob dies auf den Gutenberg-Editor zutrifft, ist noch völlig offen. Die Zahl der Zweifler ist nicht gering, weist der neue Editor doch noch einige Fehler und Inkompatibilitäten auf. Gerne würde ich versichern können, dass Gutenberg zum Start einwandfrei funktionieren wird, aber ich glaube selbst nicht daran. WordPress ist über die Jahre sehr gewachsen, jede Webseite und jeder Blog verfügt über ganz unterschiedliche Extras aus der großen WordPress-Bibliothek. Dass der neue Editor mit allem kompatibel sein wird, die Macher jede erdenkliche Lücke erkannt und gestopft haben, erscheint nicht realistisch.

Auch ich habe Gutenberg bereits getestet und finde das neue Blöckesystem weder besonders gut noch wirklich schlecht, mein vorherrschender Eindruck ist, dass der neue Editor keine Verbesserung gegenüber dem alten Editor darstellt. Wer vorher gut mit WordPress klar kam, wird sich auch an den Gutenberg-Editor gewöhnen, er ist aber nicht einfacher, nicht schneller, nicht intuitiver. Wozu das Ganze dann, muss man sich fragen. Lohnen sich der ganze Aufwand, die Probleme und der Ärger überhaupt? Aus meiner Sicht nicht. Man müht sich irgendwie, auf einen neuen Weg zu gelangen, der gar keine Abkürzung ist.

Und was nun?

Sofern Gutenberg kein Totalflop wird, der unzählige Nutzer zu anderen Anbietern treibt und die Zahl der Neunutzer extrem zurückgehen lässt, wird die WordPress Foundation wohl an dem neuen Editor festhalten. Immerhin wurde viel Zeit und Geld in das Projekt investiert und es wäre eine ziemliche Blamage, wenn es eingestampft werden müsste. Kurz- bis mittelfristig kann man sich mit Plugins behelfen, um Gutenberg auszusperren, aber langfristig dürfte an dem neuen Editor kein Weg vorbeiführen. Das Classic-Editor-Plugin wird nur bis Ende 2021 unterstützt, danach funktioniert es nicht mehr. Wie es sich mit anderen Anti-Gutenberg-Plugins wie Disable Gutenberg verhält, muss sich zeigen, aber sollte man bei WordPress darauf hinarbeiten, dass der alte Editor bis 2022 verschwunden ist, dürfte es schwierig werden, dem entgegenzuwirken.

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