Wenn Schreiben Gold ist, dann ist Lesen die Mine, aus der das Gold geschürft wird. An dem (sprichwörtlichen) Gold mangelte es mir nicht, der Vorrat war groß, aber die Mine blieb geschlossen. Über Monate habe ich mich mit einer veritablen Lesekrise geplagt, von der ich vorher nicht wusste, dass es so etwas überhaupt gibt. Jetzt kann ich es endlich wieder. Die Mine hat sich geöffnet!
Obwohl ich zwischenzeitlich schon auf einem guten Weg war, hat erst mein Urlaub auf Rømø meiner Lesekrise ein Ende gesetzt. Dabei hatte ich das gar nicht geplant und habe mein Kindle eher mechanisch eingepackt, ohne wirklich darüber nachzudenken. Es war mir gar nicht in den Sinn gekommen, dass eine andere Umgebung zu einem Ausbruch aus den üblichen Gewohnheiten führen kann. Genau das ist aber passiert.
Wenn die Abende anders sind
Ich gehe nie früh ins Bett, schon gar nicht, wenn ich am nächsten Morgen ausschlafen kann. Normalerweise mache ich es mir am späten Abend vor dem Fernseher bequem und lasse mich von der Flimmerkiste in den Vorhof des Traumlands führen. Ich schlafe vor dem Fernseher nicht ein, aber ich schaffe es, langsam runter zu kommen und müde zu werden. Das hätte ich im Urlaub ebenfalls tun können, unser Ferienhaus bot gleich zwei Flachbildfernseher mit allen deutschen Haupt- und den bekanntesten Spartensendern. Nur war das Haus zugleich ziemlich hellhörig und wir hatten drei kleine Kinder dabei. Nächtliches Fernsehen ist nicht entspannend, wenn man sich wie auf einer Sprengfalle fühlt – ein falscher Ton und die Kinder gehen hoch. Ich habe mich daher für meine Verhältnisse immer schon ziemlich früh in mein Zimmer zurückgezogen. Besagtes Zimmer war nicht eben groß. Es bestand nur aus einem Bett und einem Schrank. Das schränkte die Zahl der möglichen Aktivitäten natürlich stark ein, selbst mein Laptop war in diesem Ikea-möblierten Räumchen nach Jugendherberge-Art zu sperrig. Also griff ich zum Kindle …
Man kann es gerne so interpretieren, dass ich zu meinem Glück gezwungen wurde. Das ändert wenig daran, dass ich das Lesen ganzer Bücher, die ich nicht für die Arbeit brauche, endlich wieder als richtige Unterhaltung empfand, als etwas, dass die Langweile vertreibt, entspannend ist, Sinn ergibt. Ablenkungen wie Fernsehen und Computer standen mir zur Verfügung, aber irgendwie auch nicht. Zu Lesen war plötzlich die beste Auswahl. Seitdem glüht mein Kindle wieder, metaphorisch, denn er ist in einem guten Zustand und pflegt keine Brandlöcher zu hinterlassen. Wenn ich gemein zu mir selbst wäre, könnte ich jetzt anmerken, dass er schließlich kaum gebraucht wurde.
In den letzten knapp drei Wochen habe ich sechs oder sieben Bücher gelesen, wie z.B. „Der Horror der frühen Medizin: Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber und Knochenklempner“ und „Der Lärm der Fische beim Fliegen“. Da ich nicht plane, sobald wieder mit dem Lesen aufzuhören und entsprechend hin und wieder über Bücher schreiben möchte, habe ich meine Rezensionen hier im Blog (auch zu Filmen, Serien und anderen Werken) in eine neue Kategorie ausgelagert. Was ein Urlaub doch so alles bewirken kann! Nicht einmal mein üblicher Sonnenbrand hat so lange gehalten wie meine neu entdeckte Lesefreude.
Sorry, alte Freunde
Da ich mich jetzt wieder für Buchveröffentlichungen interessiere, musste ich erkennen, dass einige meiner favorisierten Autoren nicht untätig waren und einige Buchserien, die ich über Jahre verfolgt habe, fortgesetzt wurden. Fast habe ich ein schlechtes Gewissen, so lange desinteressiert gewesen zu sein. Dafür kann ich jetzt richtig viel nachholen. Der Stoff geht mir nicht aus, nur öfter mal der Saft, denn ich vergesse immer, den Kindle frühzeitig aufzuladen.
Wie seit langer Zeit nicht mehr empfinde ich meinen Kindle als praktisches, handliches Tor zu jeder Art von Literatur. Ich muss keine Tage auf ein neues Buch warten und kann so den Strom nie abreißen lassen. Das ist wahrscheinlich auch besser so, nicht dass ich wieder in eine Lesekrise stolpere und nochmal nach Dänemark muss.

"Man muss nicht in der Bratpfanne gelegen haben, um über ein Schnitzel zu schreiben" lautet ein Zitat von Maxim Gorki, das mich persönlich immer sehr angesprochen hat. Ich schreibe gerne über Zeiten, die ich nicht miterlebt habe, und Dinge, die nicht Teil meines täglichen Lebens sind, mich aber faszinieren, erstaunen oder mir einfach bemerkenswert erscheinen. Ich schreibe über Geschichte & Geschichten, über Mythen, Kultur und die Faszination des Vergangenen in der Gegenwart, die sich bei mir z.B. im Sammeln von alten Kameras und Fotos widerspiegelt. Natürlich mag ich auch einfach Filme, Fernsehserien, Musik und Belletristik. Es muss nicht immer Goethe sein. Nebenbei fotografiere ich gerne und liebe das Internet. Die Bratpfanne, die mein Leben ist, hat manchmal eben auch Interessantes zu bieten. Alles 100% werbefrei und meine eigenen Ansichten widerspiegelnd.
