Nachdem sie Kleinkinder waren und bevor sie Teenager werden sind Kinder … Kinder. Neudeutsch sprechen wir von Pre-Teens. Diesen Ausdruck haben die Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eher selten genutzt und genau in diese Zeit begeben wir uns nun mit einem Schwung alter Kinderfotos von … Kindern.
Unter Pre-Teens werden meist Kinder von sieben bis zwölf Jahren verstanden. Ganz genau lässt sich das nicht nehmen, aber spätestens, wenn sie zur Schule gehen, sind sie keine Kleinkinder mehr. Sie wünschen sich nur zum ersten Mal, sie wären wieder welche.
Kinder in Kostümen
Hier sehen wir kleine Mädchen bei einem heidnischen Ritual. Na ja, nicht direkt. Vielmehr sehen wir eine Schulaufführung von „Die Regentrude“ im Jahr 1935. „Die Regentrude“ ist ein Stück von Theodor Storm, das heute noch von manchen Grundschulen aufgeführt wird. Interessant ist hier sicherlich, dass das Stück offensichtlich unter freiem Himmel umgesetzt oder zumindest geprobt wurde. In der Gegenwart würde es vermutlich mindestens eine Mutter geben, die wegen der Gefahr von Sonnenbrand, Zecken, Wespen und/oder einer allergischen Reaktion auf Blumen eine Szene macht, die nicht zum Stück gehört.
Es scheint mir fast, dass Schulkinder früher ganz gerne im Kreis standen. Ich habe keine Erklärung für dieses Phänomen, aber die Nicht-Existenz von Videospielen könnte ein Ansatz sein. Dieses Foto symbolisiert die (scheinbar) heile Kinderwelt der späten 1920er oder frühen 1930er Jahre, als Kinder noch zusammen draußen spielten, vorzeigbar mit braven Frisuren, kurzen Hosen und langen Strümpfen. Die Schatten und die Bäume rechts im Hintergrund sehen allerdings etwas merkwürdig aus. Und wo sind eigentlich die Mädchen?
So haben Fotografen wehrlose Kinder früher gerne abgelichtet. In traditionellen Kostümen mit passenden Requisiten. In diesem Fall musste das kleine Mädchen in die Rolle von Rotkäppchen schlüpfen, stilecht mit Körbchen, in dem eine Flasche zu erkennen ist, die nur eine Großmutter tagsüber in der Woche köpfen durfte, und einem großen, bösen Wolf.
Der große, böse Wolf sieht zwar bei näherer Betrachtung eher wie ein großer, sanfter Hund aus, aber auf den ersten Blick ist die Täuschung nahezu perfekt. Die Großmutter hat er auch schon gefressen. Mit Photoshop könnten Profis es heute kaum besser machen.
In meiner Sammlung finden sich eine ganze Reihe von Kindern im ähnlichen Alter, die als Märchen- oder Bühnenfiguren posieren, aber dieses Rotkäppchen hat einen Wolf dabei, daher hat sie gewonnen.
Wer erinnert sich nicht gerne zurück an damals, als sich der verrückte Nachbar von gegenüber sonntags immer in sein gruseliges Eisbärenkostüm geschmissen hat? Dieses Foto hat etwas leicht Beunruhigendes an sich. Was soll das mit dem Eisbärkostüm am Gartenzaun, wer ist der Typ hinter dem Zaun und zu wem gehören die vielen Schatten im Vordergrund?
Natürlich können wir davon ausgehen, dass die Szenerie damals vollkommen harmlos war, aber so 70 Jahre später ohne jedes Hintergrundwissen fallen einem Gruselgeschichten dazu ein. Ich halte allerdings einen frühen Protest gegen den Klimawandel ebenfalls nicht für gänzlich ausgeschlossen.