Wenn mir mal wieder ein Wort oder ein Name auf der Zunge liegt, aber dort hartnäckig kleben bleibt, gehe ich im Kopf langsam das Alphabet durch. Sobald ich zu dem Buchstaben komme, mit dem das gesuchte Wort oder der vermisste Name anfängt, macht es KLICK und die eingeklemmten Rädchen im Denkgetriebe lösen sich. Das Wort bzw. der Name verlässt die Zunge. Das funktioniert zugegebenermaßen nicht immer, aber doch recht oft. In ähnlicher Weise kann das Alphabet dabei helfen, gute Ideen zu entwickeln und den stotternden Kreativmotor zum Laufen zu bringen.
Wie alle Kreativitätstechniken, die ich bisher vorgestellt habe (und noch vorstellen werde), ist die alphabetische Technik im schlimmsten Fall Zeitverschwendung und im besten Fall eine Quelle der Inspiration. Irgendwo dazwischen macht es einfach Spaß, sich auf diese Weise kreativ zu betätigen. Für die alphabetische Technik überlegen wir uns zunächst eine Ausgangsbasis, bei der es sich um eine Frage, eine Problemstellung oder einfach ein Oberthema handeln kann. Anschließend notieren wir das gesamte Alphabet untereinander und schreiben neben jeden Buchstaben ein Wort, das mit diesem Buchstaben beginnt und im Zusammenhang mit der Frage, der Problemstellung oder dem Oberthema steht. Dabei darf dieser Zusammenhang durchaus nur im weitesten Sinne existieren.
Die Kunst der Assoziation
Das Grundprinzip der alphabetischen Technik ist die intuitive Verknüpfung. Wir verbinden ein Thema mit einzelnen Begriffen aus unserem Wortschatz. An welche Begriffe ein Mensch zuerst denkt, wenn er mit einem Thema konfrontiert wird, hängt von verschiedenen Faktoren wie Erfahrung, Allgemeinwissen und Interessen ab. Nehmen wir als Beispiel das Thema „Vollmond“. Nach der alphabetischen Technik suchen wir zunächst einen Begriff mit A, der zum Vollmond passt. Mir fällt da spontan „Aberglaube“ ein. Es ranken sich viele Mythen um den Vollmond und seine Wirkung auf Menschen oder Tiere. Angeblich kann der Mond in seiner vollen Pracht sogar die Qualität von Holz beeinflussen und den Ausgang von Sportveranstaltungen mitbestimmen. Vielleicht finden ja deshalb so wenige Fußballspiele nachts statt.
Bei dem Thema Vollmond und dem Buchstaben B kommt mir der „Blutmond“ in den Sinn. C wird schon schwieriger. Ich tendiere zum Begriff „Chaos“ angesichts all der Dinge, die ein Vollmond angeblich bewirken soll. Statistiken belegen die Korrektheit zwar nicht, doch Verkehrsunfälle oder Verbrechen werden ebenfalls gerne auf den Vollmond geschoben. Bis wir endlich zu W wie „Werwolf“ kommen, bleiben uns noch viele andere Assoziationsmöglichkeiten: „Gezeiten“, „Himmel“, „Neumond“, „Rituale“, „Unruhe“ …
Es ist bei der alphabetischen Technik nicht immer möglich, jeden Buchstaben abzudecken. Besonders das X und das Y stellen in der deutschen Sprache ein gewisses Problem dar. Persönlich habe ich nichts gegen diese beiden Buchstaben, sie tauchen nur selten am Anfang eines Wortes auf.
Von A bis zum Zweck
Im Idealfall bringt die alphabetische Technik 26 Begriffe hervor, zwei (X, Y) oder drei weniger sind ebenfalls eine gute Ausbeute. Diese Begriffe und die Überlegungen, die dahinter stecken, die Verbindungen, die zum Oberthema bestehen, sollen inspirierend wirken. Mit der alphabetischen Technik eröffnet sich die Möglichkeit, ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und Assoziationen herzustellen, die sich ohne die Orientierung am Alphabet nicht ergeben hätten.