Schaut euch doch einfach mal das Wappen eurer Heimatstadt an. Zeigt es ein Tier oder einen Menschen? Ist es eher konventionell, vielleicht sogar ein bisschen langweilig, oder wirkt es, zumindest bei erster Betrachtung, irgendwie seltsam, auf gewisse Art komisch? Ja, es gibt tatsächlich Wappen, die eine skurrile Ader haben und zum Schmunzeln anregen. Ob nun gewollt oder nicht. Meistens wohl eher nicht.
Einige seltsame Wappen waren schon in früheren Ausgaben dieser kleinen Blogserie dabei, wie etwa das Wappen von Derry in Nordirland mit dem gelangweilten Skelett. Skurrilität liegt natürlich immer im Auge des Betrachters. Was die einen merkwürdig finden, erscheint anderen gar nicht weiter auffällig. Daher kann es durchaus passieren, dass einige der von mir aufgeführten Wappen nicht jedem Betrachter seltsam oder komisch vorkommen. Das ist aber nicht weiter tragisch.
Fünf (skurrile) Wappen
Wappen von Pullenreuth
Drei Kleiderbügel über einer orientalischen Vase? Dieses Wappen der bayrischen Gemeinde Pullenreuth hat auf den ersten Blick etwas leicht Verwirrendes an sich. An Bayern denke ich jedenfalls nicht sofort. Wo sind eigentlich die Brezeln und das Bier? Sind sie in diesem von einem türkischen Basar erstandenen Gefäß? Oben die Brezeln, unten das Bier? Werden an den Bügeln die Lederhosen aufgehängt? Okay, spätestens mit der Anspielung auf die Lederhosen war das jetzt zu viel des Gutes. Das Wappen ist aber schon außergewöhnlich, da es zwei im Wappenwesen ziemlich seltene Symbole aufweist: eine Deichselwaage (keine Kleiderbügel!) und eine so genannte Doppelscheuer, zwei aufeinander gestapelte mittelalterliche Trinkbecher. Die Deichselwaage steht für die Adelsfamilie von Mengersreuth, die Doppelscheuer für die Adelsfamilie von Pullenreuth. Das pullenreuther Wappen setzt sich folglich aus zwei Familienwappen zusammen.
Wappen von Kėdainiai
Die erste Frage, die sich beim Anblick des Wappens von Kėdainiai stellt, ist: Was bedeutet das? Gleich danach drängt sich schon die zweite Frage auf: Nein wirklich, was bedeutet das? Das Wappen der litauischen Stadt zeigt augenscheinlich einen Arm mit einem Flügel, der nach einem Hufeisen greift. Die Stellung dieses Arms sieht nicht gesund aus, genau genommen sieht der Arm sogar fast wie ein Bein aus. Vielleicht ist es sogar ein Bein. Ein Bein mit Flügeln. Oder ein Flügel mit Bein? Das führt mich zur dritten Frage: Nein wirklich jetzt, was bedeutet das? Ich versuche einfach mal, diese Fragen zu beantworten. Bei der geflügelten Gliedmaße scheint es sich um den auf Wappen häufiger anzutreffenden Klauenflügel zu handeln, der gerade eine Ladung Glück über der Stadt ausschüttet. Ein nach unten offenes Hufeisen steht zumindest für herausfallendes Glück. In diesem Fall kann man von Glück sagen, wenn keine nähere Bekanntschaft mit dieser Klaue erfolgt.
Wappen von Itingen
Irgendetwas ist hier falsch. Ich komme gerade nicht dr … Ah, jetzt habe ich es! Das Rot ist eine Spur zu hell! Ganz eindeutig. Ansonsten könnte dieses Wappen der Schweizer Gemeinde Itingen normaler kaum sein. Ein gewöhnlicher Fisch fliegt gemütlich seine Runden über der Landschaft. Kennt man ja von Fischen. Schon eine alte Bauernweisheit besagt, dass es Regen gibt, wenn die Fische tief fliegen. Aber wenigstens beißen an regnerischen Tagen die Vögel gut an. Warum gerade in Itingen die Fische derart mobil sind, weiß ich auf Anhieb nicht. Das Wappen der Gemeinde geht auf ein altes Familienwappen zurück. Diese Familie muss wirklich interessant gewesen sein. Oder sie hatte von Biologie mal so überhaupt keine Ahnung.
Wappen von Hracholusky nad Berounkou
Das ist ganz eindeutig ein Bein. Ein Bein, das förmlich droht, jeden, der es wagt, den klangvollen Namen der tschechischen Gemeinde falsch auszusprechen, gewaltig in den Hintern zu treten. Hracholusky nad Berounkou. Geht einem doch ganz leicht über die Lippen. Bitte nicht treten! Ich weiß nicht, wie andere Betrachter das empfinden, aber der Anblick dieses leeren und doch aufrecht stehendes Beines entfaltet eine gewisse Komik. Da hat jemand offenbar nichts in der Hose. Dieses Symbol ist bekannt als Panzerbein und drückt Wehrhaftigkeit aus. Das Symbol darüber hat offensichtlich eine landwirtschaftliche Bedeutung. Schön, wenn eine Gemeinde nicht nur Tritte, sondern auch Essen verteilen kann.
Wappen von Mulsanne
Kein Wunder, dass wir es das „finstere Mittelalter“ nennen. Die Flugzeuge hatten keine Sitze, Autos fuhren nur bergauf und die Bienen waren riesig. Zumindest im Vergleich zu den Autos. Das Wappen der französischen Gemeinde Musanne irritiert zwischen all den mittelalterlichen Wappen doch etwas. Ganz offensichtlich haben sich die Mulsannais, wie die Einwohner genannt werden, für ein moderneres Layout entschieden und feiern in ihrem Wappen keine mittelalterlichen Tugenden oder Errungenschaften, sondern neuere Gegebenheiten wie die Nähe zur Rennfahrer-Stadt Le Mans. Für die Teilnehmer des berühmten 24-Stunden-Rennens von Le Mans hoffe ich, dass die Bienen dort kleiner sind.
Vorschau
Ich gebe zu, zwischen Teil 6 und dieser Ausgabe von Spaß mit Wappen ist recht viel Zeit vergangen. Vielleicht steckte ich in einem Panzerbein fest oder musste mich vor fliegenden Fischen verstecken, wer weiß. Hoffen wir, dass es bis zum neuen Kapitel nicht so lange dauert. Da schauen wir uns dann Wappen aus den Benelux-Staaten an.