Die Pille ist gar keine Pille. Allerdings ist auch ein Fußball keine Pille und dennoch nennen einige Sprachhumoriker ihn so. Angeblich müssen wir im Leben sehr häufig bittere Pillen schlucken, dabei kennt der Volksmund erstens viele Wege, sie doch ganz problemlos in den richtigen Hals zu bekommen, und zweitens werden sie gar nicht mehr hergestellt.
Das Wort Pille ist abgeleitet von dem lateinischen Ausdruck pilula und bedeutet „Kügelchen“. Ursprünglich handelte es sich bei der Pille um ein annähernd kugelförmiges Arzneimittel, hergestellt aus dem jeweiligen Wirkstoff, einem Bindemittel wie Hefeextrakt und einem Anstoßmittel, etwa Wasser oder Sirup. Die Art der Herstellung hat den Ausdruck „Pillendreher“ geprägt, der heute negativ für Apotheker benutzt wird: Die Stoffe wurden zu einer Knetmasse vermischt, um anschließend mittels eines Pillenabschneiders portioniert und in Form gerollt („gedreht“) zu werden. Im letzten Schritt bekamen die Pillen einen Überzug, um zu verhindern, dass sie in der Dose zusammenkleben.
Die Pille ist tot, es lebe die Pille
Heute sind Arzneimittel, die gerne weiterhin als Pillen tituliert werden, einschließlich der Pille zur Empfängnisverhütung, eigentlich Filmtabletten, Kapseln oder Dragées. Echte Pillen werden aufgrund von Hygienemängeln nicht mehr hergestellt. Die verwendeten Hilfsstoffe waren zu anfällig für Bakterienbefall und die Produktion konnte modernen Standards nicht genügen. Hinzu kam eine schlechte Freisetzung des Wirkstoffes durch das Nachhärten der Pillen. Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, haben die Pillendreher ausgedreht. Geblieben ist „Pille“ nur als sehr präsenter Ausdruck im deutschen Sprachgebrauch.
Neben der Antibabypille, den Pillendrehern oder der bitteren Pille fürchten wir uns bis heute vor Giftpillen, suchen nach den einzig wahren Glückspillen und landen nicht selten bei den Potenzpillen oder Schmerzpillen, die leider selten Wunderpillen sind. Medikamente jeder Art bewahren wir nach wie vor in Pillenschachteln oder Pillendosen auf. Gegen solche unzeitgemäßen Spracheigenheiten helfen keine Beruhigungspillen.
Alles Pillepalle, könnte man meinen, allerdings ist der Ursprung dieses Ausdrucks umstritten, er könnte auf die zu schluckenden Pillen oder auf das hebräische Wort pilpul zurückgehen, das kleinliche Religionsstreitigkeiten beschreibt.
Pillen aus Gold oder Blei
Wem man bleierne Pillen verschreibt, der bedarf keines Arztes mehr.
Die Pillen der Ärzte und Minister sind alle gleich gut.
Eine Pille vertreibt nicht jeden Wurm.
Es ist mindestens schon zwei Leben her, dass ich diese Sprichwörter zuletzt benutzt habe. Nicht alle Phrasen rund um die Pille sind uns gut in Erinnerung geblieben. Was nicht bedeutet, dass sie nicht stimmen. Mit der „bleiernden Pille“, die sich auch in dem Sprichwort „Eine bleierne Pille stopft dem stärksten Beller das Maul“ wiederfindet, ist in der Regel eine Pistolenkugel gemeint.
Andere alte Phrasen verweisen auf die Herstellung der Pillen. Das Sprichwort „Wenn die Pille gut schmeckte, so würde man sie nicht vergolden“ ist mehrdeutig zu verstehen. Tatsächlich wurden Pillen früher gelegentlich mit Gold überzogen, als Schutz vor dem Verkleben und als Statussymbol für wohlhabende Kranke. Heute nennt man solche Leute Privatpatienten. Der geflügelte Ausdruck „Jemandem die Pille süß machen“ steht für das schonende Beibringen schlechter Nachrichten und erinnert zugleich daran, dass den Pillen häufig Zuckersirup beigefügt wurde. Dazu passt außerdem das Sprichwort „Bittere Pillen muss man in Zucker hüllen“.
Ein perfektes Abschlusszitat:
Pillen aus der Apotheke helfen dem Narren nicht.